Schön, bevor es schiach wird
Von Katharina Salzer
Feine Kost. Es gibt einen ganz kurzen Moment, da ist ein viel zu großes Bauprojekt in einem klein strukturierten Wiener Grätzel gut. Es ist der Moment, in dem ein Feinkostgeschäft eröffnet und die Wohnungen noch nicht fertig sind. Hier wird Bobo-Brot und Wein zum Abfüllen in Glasflaschen verkauft, unter anderem. Die Kunden plaudern mit der Kauffrau über Kaffee, über Wurst und guten Käse. Das alles gibt’s im Laden.
Es ist der Moment, indem ein kleines, feines sardisches Lokal aufsperrt und die neuen Gebäude mit 512 Wohnungen noch keine Schatten werfen. Hier werden Delikatessen von der Mittelmeerinsel serviert. Die Gäste plaudern mit dem sardischen Wirt, der bis zur Corona-Krise Musiker war und sich dann auf die Familientradition – das Kochen – verlegt hat. Das ist schön.
Schwere Kost. Dieser Augenblick ist schnell vorbei. Schaut man nicht mehr ins Einkaufsackerl, wo der Käse und die Semmerl verstaut sind, sondern geradeaus, sieht man die Kräne. Mit ihrer Hilfe werden Häuser gebaut, die um ein Vielfaches höher sind als die in der unmittelbaren Umgebung. Das ist schwere Kost und muss verdaut werden. Einige Fragen der Anrainer und Anrainerinnen sind noch unbeantwortet: Wie wird der Verkehr geregelt werden, damit das Dorf in der Stadt ein Dorf bleibt – und nicht in Autos untergeht? Wie viel Platz werden die Fußgänger in den kleinen Gassen haben, wie viele Bäume werden gepflanzt, wie viele Radwege umgesetzt?
Hoffnung. Vielleicht wird es ja innovative Lösungen geben, die zukunftsweisend sind, also auch Fußgängern, Radlern und Grün Platz geben. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Bis es so weit ist, kann man zumindest gut essen. Auch etwas.