Komm zu Mami, Krustenbrot!
Von Anja Kröll
Mein Einkaufsverhalten hat sich verändert. Nix klimafreundlich und kauf regional. Das gibt’s schon länger. Ich spreche von den Örtlichkeiten.
Damals, Mitten im Achten, war freitags immer Markttag. Am Vorplatz direkt im Schatten der Kirche. Nicht der größte Chichi-Markt den man in Wien findet, aber immerhin einer, wo einem der Fischverkäufer auch voller Inbrunst erklärte, er habe die Tierchen zu Tode gestreichelt. Weil einfach erschlagen: Pfui-Gack!
Oder man ging zum Bäcker, Verzeihung, der Brot-Boutique, wo man für ein Roggen-Honig-Lavendel-Kirschen-Krustenbrot-Topping-schwarzer-Sesam so viel zahlte wie sonst für den ganzen Tageseinkauf. Geschweige denn genau so lange dafür brauchte, weil sprechen Sie Roggen-Honig-Lavendel-Kirschen-Krustenbrot-Topping-schwarzer-Sesam fehlerfrei aus. Aber bitte, Qualität will und darf seinen Preis haben.
Das dazugehörige Ambiente auch. Weil da fühlt man sich schon ein bissi dings, wenn einem der Brot-Boutique-Verkäufer den Laib Brot überreicht, als wäre er ein Neugeborenes. Komm zu Mami, Krustenbrot!
Seit ich wieder auf dem Land lebe, kaufe ich bei Kühlschränken. Nahversorgerkühlschränke der Bauern aus meiner Umgebung. Und eine neue Brot-Boutique habe ich auch gefunden.
Wobei die Verkäuferin dort maximal folgende Frage stellt: „Groß oder klein?“ Nix Roggen-Honig-Lavendel-Kirschen-Krustenbrot-Topping-schwarzer-Sesam.
Als Topping im Kundengespräch gibt es dafür folgende Zusatzfrage: „Die Gummistiefel ham ma jetzt in Aktion. Interesse?“
Fühlt man sich anfangs auch ein bissi dings, gewöhnt man sich aber daran. Weil das beste Brot gibt’s eben dort, wo „die Kraft am Land“ regiert.