Meinung/Mein Tag

Im Trend: Christbäume mit Charakter. Das wusste der Opa eh schon immer

Haben Sie Ihren schon zu Hause? Im Garten, oder auf dem Balkon zwischengeparkt, damit die Nadeln schön frisch bleiben, bis er in gut einer Woche in der warmen, gemütlichen Stube erstrahlen darf: der Christbaum.

Ich zähle zu den Last-minute-Baum-Shoppern. In der Weihnachtswoche wird der Baum gekauft. Muss man halt nehmen, was noch übrig ist. Letztes Jahr hatte der Baum etwa zwei Wipfeln. Die wurden kurzerhand zusammengebogen und unter einer Christbaumspitze vereint. Voilà, fertig war der Baum mit schwungvoller Spitze.

Wie ich nun weiß, liege ich damit voll im Trend. Denn offenbar suchen immer mehr Menschen für Weihnachten ganz bewusst einen natürlichen, schiefen Baum. Kürzlich wo gelesen, höchstwahrscheinlich nicht empirisch erforscht. Aber gerade, perfekte und dicht gewachsene Bäumchen sind demnach out. Es lebe der Charakter-Christbaum.

Wenn dem wirklich so ist, hat man das mit den nicht perfekten Bäumen in den Genen. Weil der Opa setzt seit Jahrzehnten auf Charakter. Seit ich mich an die Christbäume der Großeltern erinnern kann, sind diese mit folgendem Drama verbunden: Opa rückt aus, um einen Baum zu holen (früher in den Wald, jetzt zum Standler), kehrt zurück. Oma tobt, weil der Baum schief ist, zu wenig Äste hat oder zu groß ist. Opa rückt wieder aus. Dieses Mal, um Säge und Bohrmaschine zu holen. Sägt Äste ab, bohrt Löcher in den Stamm und platziert Äste um. Oma tobt weiter, trinkt dazwischen aber Eierlikör und findet den Baum irgendwann schön.

Wir lernen: Es lebe der Charakterbaum – und ein Stamperl Eierlikör. Weil mit Letzterem wird sogar der schiefste Baum irgendwann gerade.

Alle Inhalte anzeigen