Die unglaubliche Kraft der Hoffnung
Von Laila Docekal
Zum einen kam mir ein grausames Experiment unter, das ein Verhaltensforscher schon in den 1960er Jahren durchgeführt hat: Curt Richter warf Ratten in einen Wasserbehälter, aus dem es kein Entkommen gab, und beobachtete, wie lange sie um ihr Leben kämpften, bis sie aufgaben und ertranken – bei vielen dauerte es, obwohl sie gute Schwimmer waren, nur wenige Minuten.
Dann wiederholte er das Experiment, doch diesmal veränderte er einen Faktor: Kurz bevor die Ratten zu ertrinken drohten, holte er sie heraus und gönnte ihnen eine kurze Verschnaufpause, um sie dann wieder ins Wasser zu werfen. Nachdem die schlauen Nager erlebt hatten, dass ihre Situation nicht aussichtslos war, kämpften sie weiter, manche schwammen 60 Stunden lang – sie starben nicht, weil sie die Hoffnung nicht aufgaben.
Der zweite Bericht dreht sich um einen Arzt in Schottland, der angesichts der Party-Affäre in der Downing Street von seinem einzigen Verstoß gegen die Covid-Regeln berichtete: Er erzählte von einer Patientin Ende 60, die ihren Impftermin vergessen hatte und zwei Tage später da war, um ihn nachzuholen. Ihr Mann war in der Woche davor an Krebs gestorben und ihr Sohn, der in England lebte, konnte nicht kommen, weil seine Frau Covid-positiv war. Die Witwe hatte keine Freunde, die ihr beistanden, weil das Paar selbst erst nach Schottland gezogen war und so musste sie den Tod ihres Mannes und das Begräbnis ganz alleine bewältigen.
Also brach der Arzt die Abstandsregeln, beugte sich zu der Frau und umarmte sie. Diese sagte unter Tränen: „Das ist die erste Umarmung die ich bekomme, seit mein Mann gestorben ist.“