Meinung/Mein Tag

Das Einzige, was ich über Religion wissen muss

Als kleines Schulmädchen war ich montags immer fasziniert von den Erzählungen meiner Mitschüler, wenn sie von ihrem sonntäglichen Kirchenbesuch berichteten. Einige waren Ministranten und ich lauschte gespannt, welche Aufgaben sie hatten, was sie bei ihrer Erstkommunion trugen und wie sie die Hostie in Empfang nahmen. Da wollte ich auch dabei sein! Irgendwann fasste ich mir ein Herz und spazierte auf dem Heimweg einfach in die nächste Kirche hinein. Das war das erste Mal, dass ich in einer Kirche war und ich war beeindruckt vom großen, offenen Raum, von der Bauweise, den Fenstern und von der Kanzel.

Es schien niemand da zu sein, aber dann erblickte ich den Pfarrer, ging gerade auf ihn zu und erklärte ihm, dass ich auch mitmachen und sonntags in die Kirche kommen möchte. Er fragte mich, ob ich getauft bin und ich verneinte. Also erklärte er mir, dass ich leider nicht mitmachen darf und schickte mich fort.

Für mich brach eine Welt zusammen, den Schmerz spüre ich noch heute. Ich war zutiefst gekränkt und lief weinend nach Hause, um mich bei meinen Eltern auszuheulen.

Sie üben beide keine Religion aus und haben daher bis dahin auch nichts dergleichen an uns Kinder weitergegeben. Seither wurde mein Vater aber zu meinem Prediger: Es ist egal, ob jemand an Jesus, Mohammed oder Jehova glaubt. Es ist egal, ob jemand ein Kreuz oder eine Kippa trägt, wie jemand betet oder in welcher Sprache. Es gibt nur drei Dinge, die du über Religion wissen musst:

Denke gut, sprich gut, handle gut.

Das sind die drei Grundsätze, die Zarathustra vor 4000 Jahren im Alten Persien festgelegt hat, lange bevor es Religionen gab. Das ist das Einzige, was du über Religion wissen und dir merken musst.

Wir führten damals viele Gespräche darüber, was „gut“ bedeutet und wie es ausgelegt werden kann. In Kirchen gehe ich heute trotzdem gerne – allerdings eher wegen der Architektur.

laila.docekal@kurier.at

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