Meinung/Mein Tag

Auf ein Seidel Bier mit Wolfgang Ambros

Es gibt einiges, über das man reden sollte: Pendlerpauschalen, (ungerecht verteilte?) Entlastungspakete und dadurch angeheizte Stadt-gegen-Land-Streitereien. Zusätzliche Milliarden fürs österreichische Bundesheer, aber kein neues Geld fürs kranke Bildungssystem. Aufrüsten? Ja! Aber bitte bei der Bildung.

Dazu gerne ein anderes Mal mehr. Denn diesen Kolumnenplatz hat sich seit Wochen Wolfgang Ambros reserviert. Die gute Nachricht: Er spielt noch. Die schlechte: Er war schon einmal fitter. Tanzen und Arschwackeln, das konnte er durchaus gut, geht sich nicht mehr aus. Sein Rücken mag zwar kaputt sein, aber sein Verstand, seine Pappalatur funktionieren noch einwandfrei.

Nachzuhören war das in der Doku „Alles andere zählt net mehr“, die der ORF anlässlich seines 70. Geburtstags in Auftrag gegeben hat. Dass dieser Film dann „nur“ am Spartensender ORFIII und nicht in ORF1 zur Primetime gezeigt wurde, war ein Fehler: „Starmania“ war einfach wichtiger.

Was ich sagen will: Ambros hätte sich einen besseren Sendeplatz verdient gehabt. Die Doku war gefällig. Verstörend war nur die hohe Männerdichte: Birgit Denk war die einzige Frau, die zum „Wolferl“ etwas sagen durfte. Auffällig auch, wie unterschiedlich Menschen altern können: Während man dem anderen Jubilar, Joesi Prokopetz, seine 70 kaum ansieht, könnte der um eine Woche jüngere Ambros locker als 80-Jähriger durchgehen, rein optisch natürlich. Vielleicht altern Grantscherben einfach schneller. Das bringt uns nach Wien und zum Wiener Dialekt, der im Film zu hören war. Ein Genuss. Ob dabei alle wirklich alles verstanden haben, also wissen, was eine Kinettn ist? Ich habe meine Zweifel. Denn zuletzt wusste die (junge) Kellnerin in einem Wiener Hipster-Kaffee nicht einmal, was ein Pfiff oder das von Ambros besungene "Seitl" (oder Seidel oder Seitel oder Seit’l oder Seid’l) Bier ist. Zwickts mi, i man i dram ...