Meinung/Kommentare/Wirtschaft

Regionalitätswahn

Der Regionalitätswahn erreicht nun auch die Tomate.

Mag. Simone Hoepke
über regionale Lebensmittel

Heute ist bei uns ein Mittelburgenländer cooler als sein Konkurrent aus Kalifornien. Zumindest wenn es um Wein geht. Da steht Regionalität hoch im Kurs. Schon allein wegen der Klimabilanz. Wer will beim Weintrinken schon einen großen ökologischen Fußabdruck hinterlassen?! Dass Städter neuerdings mit ihrem SUV in die entlegensten Weingegenden stauen, um Nachschub für den Weinkeller zu holen, ist eine andere Geschichte. Da geht es ja nicht nur ums Abholen der Kisten, sondern auch darum, dem Winzer das im Basis-Weinseminar erlernte Wissen unter die Nase zu reiben.

Der Regionalitätswahn erreicht nun auch die Tomate. Sie soll ganzjährig in Österreich wachsen. Entsprechende klimatische Bedingungen müssen geschaffen werden, mit Gewächshäusern, die beleuchtet wie Verschubbahnhöfe in der Gegend stehen. Aus ihnen karrt der Unternehmer tonnenweise Tomaten. Zur Freude von allen. Schließlich schafft das auch Arbeitsplätze.

Die irgendwo anders verloren gehen. In Marokko oder auch nur zwei Ortschaften weiter. Supermarktketten, die sich Haus- und Hoflieferanten heranzüchten, die Hunderte Filialen versorgen, werden nicht auch noch bei zig kleinen Gärtnern kaufen. Und der Exklusiv-Lieferant? Wird eher eine schwache Verhandlungsposition haben, wenn er sonst niemanden beliefern kann. Und der Konsument? Sollte vielleicht nachdenken, ob er im Winter überhaupt Tomaten und Erdbeeren essen muss.