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Salomonisch: Zähneknirschend dulden...

Jedes dritte Kind in Deutschland entstammt einer Familie mit Migrationshintergrund, hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden vor einigen Tagen vermeldet. In Österreich versucht man die Zahlen zwar ein wenig zu verschleiern, sie dürften jedoch ähnlich sein. In Wien kommt mittlerweile mindestens jedes zweite Volksschulkind aus einer Zuwandererfamilie. Aber trotz eines neuen Staatssekretärs ist das Thema noch immer viel zu sehr auf emotionale Wirtshaus-Debatten beschränkt. Linke versuchen nach wie vor, reale Konflikte schönzureden, Rechte setzen auf Hysterisieren. Blicken wir der Wirklichkeit ins Auge: Ja, wir erleben einen fundamentalen Wandel der Gesellschaft. Natürlich ist es nicht gut, dass wir das Kinderkriegen tendenziell eher schlechter Gebildeten und Zuwanderern mit traditionellem Frauenbild überlassen. (Türkinnen bekommen im Schnitt 2,41 Kinder, in Österreich geborene Frauen statistische 1,39.) Aber für alle Probleme die "Ausländer" pauschal verantwortlich zu machen, ist billig. Österreich hat seit den Achtzigerjahren fast ausschließlich auf niedrig qualifizierte Zuwanderer für Arbeiten gesetzt, die sonst niemand erledigen wollte. Klar, dass da kaum Uniprofessoren dabei waren - und logisch, dass der Druck auf das Bildungs-, Gesund heits- und Sozialsystem dadurch enorm gestiegen ist. Zwar wurde gelegentlich diskutiert, wie man besser Qualifizierte anziehen könnte - und mit der "Rot-Weiß-Rot-Card" wurden auch spät Akzente in diese Richtung gesetzt. Aber statt eines "war for talents" besteht die heimische Ausländerpolitik vor allem aus zähneknirschender Duldung: zum Beispiel des Familiennachzugs der (ehemaligen) Gastarbeiter und aktuell der deutschen Studenten, die vor dem Numerus clausus flüchten. Dann wären da noch die Asylwerber, die aus humanitären Gründen bleiben dürfen. Laut Integrationsbericht lag die Zuwanderung nach Österreich zwischen 2000 und 2008 im oberen Drittel der europäischen Staaten. Und das, obwohl wir außer Eishockeyspielern und Opernsängerinnen eigentlich niemanden einbürgern wollen. Die Frage, wer sonst noch bleiben bzw. kommen soll, weil er/sie gut ausgebildet, jung, integrationsfähig und arbeitswillig ist (also etwa deutsche Studenten), blieb immer unbeantwortet. Das heimische Unisystem zum Beispiel holt nicht die Fähigsten, sondern die, die am fittesten im Überwinden bürokratischer Hürden sind. Es steht zu befürchten, dass wir ein attraktives Land für Sitzenbleiber geworden sind - und zwar in jeder Hinsicht.