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Salomonisch: Volk der Armen und Ausgesackelten

Die neue ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner will ein Brutto-Jahreseinkommen von satten 500.000 Euro - vorübergehend - höher besteuern. Ein relativ harmloser Köder für den Koalitionspartner, trotzdem ein Aufreger bei den Schwarzen. Die SPÖ läuft mittlerweile mit einem ganzen Bauchladen von Ideen herum - darunter die "Millionärssteuer". Aber die dafür natürlich nötige Aufhebung des Bankgeheimnisses hat selbst die "Eat-the-rich"-Abteilung in der Sozialdemokratie noch nicht zu fordern gewagt. Inzwischen ist auch unter (hoffentlich nicht gefälschten) KURIER-Lesern eine heftige Debatte darüber ausgebrochen, wer arm und/oder ausgesackelt (der jeweilige Leserbriefschreiber) und wer reich und/oder ausbeuterisch (immer die anderen) ist. Als wäre diese Grenzlinie immer so leicht zu ziehen! Ist zum Beispiel jemand "arm" und soll daher nicht höher besteuert werden, weil er zwar kein Vermögen hat, sein Einkommen aber für exotische Urlaube, Markenkleidung und teure Autos ausgegeben hat? Ist hingegen jemand mit exakt demselben Einkommen "reich", weil er eine Vorsorgewohnung gekauft hat, um die zu erwartende Pensionslücke auszugleichen - dafür aber auf vergänglicheren Luxus verzichtet? Ist jemand " nicht reich" und muss daher keine Vermögenssteuer fürchten, obwohl er Aussicht auf eine jahrzehntelange Luxuspension als hoher Beamter oder Funktionär hat? Ist das nicht auch eine Art Vermögen?

Ist wiederum jemand, der ständig blaumacht und daher beruflich nicht weiterkommt, als "arm" einzustufen? Ist hingegen jemand "reich" und mit 50 Prozent Steuern auf jeden zusätzlich verdienten Euro zu bestrafen, obwohl er sieben Tage die Woche schuftet? Ist es richtig, dass jemand, der 5000 Euro brutto verdient und damit eine vierköpfige Familie erhält, viel mehr Steuern zahlt als ein Double-Income-no-kids-Paar, von dem jeder je 2500 Euro verdient? Ist jemand "reich", der ein Hotel mit großem Grundstück geerbt hat, es aber nur mit Mühe erhalten kann? Und ist es ein Beispiel für ein gut funktionierendes Gemeinwesen, wenn die Zahl der Mindestsicherungs-Bezieher besonders hoch ist (wie in Wien) - oder ein Alarmsignal dafür, dass sich zu viele Leute auf staatliche Alimentation verlassen statt einen Job zu suchen? Das löst übrigens einen Teufelskreislauf aus: Steigende Sozialleistungen verursachen höhere Steuerlast, was die Arbeitskraft verteuert. Arbeitnehmer, die aufwendig nachgeschult werden müssen und trotzdem nur mäßig einsatzfähig sind, wollen und können sich Firmen dann immer weniger leisten. Gerechtigkeit ist schwerer herzustellen, als uns manche Klassenkämpfer weismachen wollen.