Meinung/Kommentare/Salomonisch

Piraten: Volle Segel, kein Kurs

Hilfe, die Piraten kommen! Sie haben sich, kein Scherz, am 1. April zur Bundesgeneralversammlung in Österreich zusammengefunden und wurden nur zwei Wochen später mit einem Mann in den Innsbrucker Gemeinderat gewählt.

Klar ist nur, dass die Partei gegen die Vorratsdatenspeicherung auftritt, ansonsten wurde die mühsame Programmdebatte auf später vertagt. Schließlich muss man sich auf wichtigere Ziele konzentrieren: etwa auf den Einzug in den Nationalrat nächstes Jahr.

Die deutschen Kollegen sind da schon einen Schritt weiter. Sie sind unter anderem für "Freiheit und Selbstbestimmung", sitzen nicht nur in einem Stadt-, sondern mittlerweile auch in einem Landesparlament, und sie haben auch schon einen handfesten Skandal hinter sich: "Der Aufstieg der Piratenpartei verläuft so rasant wie der der NSDAP zwischen 1928 und 1933", sagte kürzlich der Fraktionschef der Berliner Piraten-Abgeordneten in einem Interview. Seine kurze Parteikarriere ist damit beendet. Mann über Bord.

Aber die Bewegung schwimmt sicher noch eine Weile auf der Welle diffuser Unzufriedenheit. Weil sie – zumindest was die deutsche Gruppierung betrifft – hat, was "analogen" Parteien fehlt: Jugendlichkeit, Unbedarftheit, Coolness, Spontaneität, Authentizität, kein öder Polit-Sprech. Erstwähler, Ich-AGs, Politikverdrossene: Sie alle sind potenzielle Piraten-Wähler. Das wird vor allem Grüne und Blaue die möglicherweise für parlamentarische Mehrheiten entscheidenden Stimmen kosten. Interessanterweise punktet die neue Sponti-Partei nicht mit markigen Persönlichkeiten. Man erinnere sich an die wilde Frische von Hans-Peter Martin oder Fritz Dinkhauser, die schon wieder verweht ist.

In Wahrheit tauchen Parteien wie die Piraten nur in einer satten Wohlstandsgesellschaft auf. Soweit bisher bekannt, ist ihr Österreich-Schiffchen gegen Diskriminierung und für ein bedingungsloses Grundeinkommen, für freie Menschen und freie Kultur im Netz (also irgendwie für den Diebstahl geistigen Eigentums). Bravo. Und sonst ist eigentlich eh alles paletti.