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Leistungsmindernde, staatliche Verlockungen

Man hat den Eindruck, dass der Ansporn, mehr zu arbeiten und besser zu verdienen, größer sein könnte.

Dr. Martina Salomon
über staatliche Verlockungen

Harald Martenstein, ein (ehemals linker) deutscher Kolumnist, provozierte kürzlich mit folgendem Satz: "Wenn man die deutsche Literatur, die meisten Leitartikel, Reportagen, Politikerreden, Predigten, Filme, Talkshowbeiträge auf einen Nenner bringen müsste, dann käme ein einziger Satz raus: Der Kapitalismus ist das Böse, und die armen Leute sind ganz lieb."

Das trifft auch auf Österreich zu, und ein gutes Beispiel dafür ist die Debatte um Teilzeitjobs. Deren Zahl steigt stetig, was von Gewerkschaften und Arbeiterkammer seit Jahren massiv kritisiert wird. Ausbeuterische Unternehmen drängen zunehmend die Menschen in prekäre Jobs, so die mittlerweile unhinterfragte Botschaft.

Subventionierte Teilzeit

Aber stimmt sie? Auf einzelne Firmen mag der Befund ja zutreffen. Aber es gibt auch seitens der Arbeitnehmer eine große Nachfrage nach Teilzeitjobs, und die Betroffenen sehen sich keineswegs alle als Opfer. Die Regierung tut das allerdings sehr wohl und subventioniert Niedrigverdiener stark. Bis zu einem gewissen Maß ist das sogar vernünftig, aber natürlich hat es den paradoxen Nebeneffekt, dass Teilzeit dadurch noch attraktiver wird. Darauf hat kürzlich der stellvertretende Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer via Wiener Zeitung hingewiesen. Und er hat recht: Am schlimmsten ist das übrigens bei der Teilpension: Hier hat die Regierung einfach Frühpensionen hoch subventioniert, weil am liebsten die "geblockte" Variante gewählt wurde.

Deutlich mehr als ein Drittel der Lohn- und Einkommenssteuerpflichtigen in Österreich zahlt keine Einkommenssteuer, weil sie so wenig verdienen. Über die Negativsteuer können sie außerdem einen Teil ihrer Sozialversicherungsbeiträge wieder zurückholen. Diese Negativsteuer soll übrigens im Zuge der geplanten Steuerreform erhöht werden. Wer unter 1280 Euro verdient, zahlt auch keine Arbeitslosenversicherung.

Nur ein Viertel der Einkommensbezieher sind echte Nettozahler. Spitzenverdiener (ab 185.200 Euro Jahresgehalt) müssen seit 2013 sogar eine Solidarabgabe auf Sonderzahlungen wie das 13./14. Monatsgehalt berappen. In solch ferne Einkommenssphären vorzudringen gilt hierzulande aber ohnehin nicht als Lohn außerordentlicher Leistung und Risikobereitschaft, sondern als verdächtig und ungerecht.

Trend zur Volkspension

Wenn also schon bedauerlicherweise kein Einheitsgehalt möglich ist, dann wenigstens eine Einheitspension: Im ASVG läuft alles in diese Richtung. Besserverdiener können bei der Erosion ihrer Pension zuschauen, weil ihr Einkommen bei allen Pensionsrunden unterdurchschnittlich erhöht wird. Selbst private Zusatzpensionen sind durch die "Null-Zins-Politik" der Europäischen Zentralbank derzeit wenig attraktiv.

Jetzt gibt es natürlich nicht den geringsten Zweifel daran, dass den Armutsgefährdeten geholfen werden muss, wenn sie nicht arbeitsfähig sind oder Kinder betreuen müssen. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass der Ansporn, mehr zu arbeiten und besser zu verdienen, größer sein könnte. Denn nicht immer sind Arme nur die Opfer der Umstände. Auch wenn das die meisten Leitartikel, Reportagen, Politikerreden, Predigten, Filme und Talkshowgäste behaupten.