Land der überarbeiteten Beamten und privilegierten Frauen
Von Martina Salomon
Nur 40 Prozent der 55- bis 64-Jährigen sind berufstätig
Über einen weiteren Anreiz zur Nicht-Arbeit
Es ist nur ein Trippelschritt in Richtung längeres Arbeiten und außerdem teuer erkauft: Kürzlich hat die Regierung eine "Teilpension" beschlossen. Diese ermöglicht kurz vor dem Ruhestand eine Reduzierung der Arbeitszeit. Der Staat übernimmt die Kosten für die fehlenden Versicherungsbeiträge, womit es keine Pensionseinbuße gibt. Wir werden sehen, ob das wirkt und nicht bloß ein weiterer Anreiz zur Nicht-Arbeit ist.
Als Österreicher im Ausland staunt man oft beim Anblick einer US-Stewardess oder eines schwedischen Verkäufers, die bei uns schon mindestens zehn Jahre in Pension wären. (Ganz zu schweigen von Rockstars jenseits der 70.) Österreichische Interpretation: Die Armen müssen bis zum Umfallen hackeln – ein Halleluja auf die heimische Sozialpolitik!
Aber anders betrachtet fließen satte 23 Prozent aller Steuereinnahmen (zusätzlich zur ohnehin happigen Sozialversicherung) in die Pensionen, Tendenz steigend. Das System ist deutlich luxuriöser ausgestattet als in Deutschland und lässt sich so nicht mehr ewig finanzieren.
Ist es denn nicht unwürdig, dass 90 Prozent der Bahnbeamten aus Krankheitsgründen im Schnitt (!) mit 52 Jahren in den Ruhestand übertreten? Quasi ein Erfolg, weil davor waren es 51 Jahre. Die Wiener Landesbeamten sind ebenfalls so schrecklich überlastet, dass jeder zweite in Frühpension flüchtet, Durchschnittsalter: 54. Im ASVG-Recht wiederum dürfen (bzw. müssen) Frauen – selbst wenn sie kinderlos sind und bei einem statistisch um fünf Jahre längeren Leben als Männer – noch immer deutlich früher in Pension gehen. Das ist weltweit ein Unikat. Die Zahl der Frauen, die sich dagegen wehren, steigt.
Teurer Jugendwahn
Es war das größte Verdienst Wolfgang Schüssels, die Pensionen reformiert zu haben. Seine Nachfolger haben das Notwendige verwässert und waren auch noch stolz darauf. Dabei hätte man mit den dadurch verursachten Mehrkosten eine Steuerreform ganz ohne Gegenfinanzierungs-Grausamkeiten hingekriegt.
Hierzulande herrscht ein teurer Jugendwahn: Nur 40 Prozent der 55- bis 64-Jährigen sind berufstätig. (Dass man im De-facto-Pleitestaat Griechenland noch kürzer arbeitet, kann kein Zufall sein.)
Teufelskreislauf
Daran sind nicht nur die Arbeitnehmer schuld: Jede Firma auf Sparkurs bemüht sich, die teuren Alten loszuwerden. Wegen des höheren Kündigungsschutzes ist das nicht leicht. Womit ein Teufelskreislauf herrscht: Über Fünfzigjährige klammern sich an ihre Jobs, auch wenn sie davon frustriert sind. Denn sie wissen um ihre Unvermittelbarkeit am Markt. Daher muss man natürlich an weit mehr Stellschrauben drehen, als nur am Pensionsantrittsalter.
Momentan haben aber wieder die Beschwichtiger Oberwasser, weil sich 2014 der Bundesbeitrag zu den Pensionen zwar erhöht hat – jedoch nicht so arg wie befürchtet. Toll. Das liegt jedoch nicht am sanierten Pensionssystem, sondern am Beschäftigtenhöchststand (trotz Arbeitslosigkeit) und den weiter steigenden Pensionsabgaben. Alle ächzen nur über die Steuerlast, doch bei den Sozialversicherungszahlungen sind wir unter den Top Drei der OECD-Länder. Eines der wenigen Rankings, wo Österreich derzeit Spitze ist.