Meinung/Kommentare/Salomonisch

Deutschland – Österreich: 1:0,5

Es gab einen kurzen Moment in der Zweiten Republik, da träumte Österreich davon, das "bessere Deutschland" zu sein, wie es 2005 in einer Schlagzeile im Magazin Stern hieß: mit Nulldefizit, mehr Wachstum und einem smarteren Finanzminister. Jetzt sind wir wieder aufgewacht.

Deutschland ist die unbestrittene Nummer eins in der Eurozone. Es hat – unter dem sozialdemokratischen (!) Kanzler Gerhard Schröder – die Sozialreformen (Hartz IV) erledigt, die die SPÖ unter Führung der Arbeiterkammer als Anschlag auf den Wohlfahrtsstaat empfinden würde. Bei uns redet die Frauenministerin lieber in alter Klassenkampf-Manier davon, die Familienbeihilfe deutlich zu erhöhen und dafür die Steuerabsetzbeträge zu streichen.

Nicht zuletzt beherrschen die Deutschen, was wir Österreicher nie lernen werden, abgesehen vom Fußball natürlich: Sie reden Klartext. Das klingt dann oft spröde wie bei Angela Merkel oder entwaffnend logisch, wie bei der scheidenden Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, die dieser Tage in Wien auftrat. Sie verdrängte zum Beispiel in ihrer Amtszeit die Autos aus der Stadt, vergaß aber nicht, Garagenplätze auszubauen.

 

Warum wird bei uns so viel herumgewurschtelt, so vieles in Schwebe gehalten, und das alles auch noch in so erbärmlicher Rhetorik? Kann sich irgendwer Herbert Prohaska als Kommentator in einer deutschen Fernsehanstalt vorstellen? Oder unsere Nationalratsdebatten im deutschen Bundestag?

Unsere Rettung? Die Deutschen finden uns nach wie vor putzig, auch wenn sie daheim ordentlich Witze über die Ösis reißen. Sie kommen nach Österreich, um zu studieren, um zu arbeiten, um zu urlauben – und manche bleiben sogar da. Man hat sich fast daran gewöhnt, dass am Burgtheater mehr Preußisch als Wienerisch gesprochen wird.

Hätte eigentlich Grissemann ohne den Deutschen Stermann funktioniert? Dass Österreicher den besseren Humor haben, ist ein Klischee, das schon allein die absurd-köstliche, wöchentliche ZDF-Heute-Show widerlegt. Es liegt nicht nur am fehlenden Geld, dass der ORF so etwas nicht schafft. Und auch wenn der österreichische Film gerade hochgelobt wird – wirklich witzig ist der nie, ganz im Gegenteil.

Vielleicht sind doch eher die Deutschen die besseren Österreicher?