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Budgetvoranschlag wurde ums 78-Fache überzogen

Der Kulturstadtrat möge nicht nur von Transparenz reden

Thomas Trenkler
äußert eine Bitte

Beate Meinl-Reisinger, kulturaffine Wien-Chefin der Neos, und ihre Mitarbeiterin Elisabeth Pichler lassen einfach nicht locker: Kontinuierlich bringen sie ziemlich unangenehme Anfragen an Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) ein.

In einer der jüngsten thematisieren sie die „Werbeausgaben im Kulturbudget“: In den Jahren 2012 bis 2015 seien im Voranschlag jeweils 13.000 Euro budgetiert gewesen. Ausgegeben wurden aber, schreibt Meinl-Reisinger, deutlich höhere Summen: „So wurde das Budget im Jahr 2012 um 702.967,20 Euro, im Jahr 2013 um 689.541,65 Euro, im Jahr 2014 um 1.012.176,60 Euro und zuletzt im Jahr 2015 um 980.186,68 Euro überschritten.“ Der Budgetvoranschlag wurde also vor zwei Jahren um das 78-Fache überzogen! Irre.

Die Begründung lautete jedes Jahr gleich: „Die Abweichung ergibt sich aus zusätzlichen Ausgaben für eine Kommunikationsoffensive zur Bewerbung von kulturellen Veranstaltungen.“ Da detaillier- tere Informationen nicht bekannt gegeben wurden, stellen die Neos folgende Fragen:

„Aus welchen Gründen wurde die Budgetierung (...) nicht an die tatsächlich erwarteten Ausgaben angepasst? Welche genauen Maßnahmen im Rahmen der Kommunikationsoffensive wurden getätigt, die für die Budgetierung nicht vorhersehbar waren? (...) Aus welchen Gründen wurde eine Kommunikationsoffensive gestartet und wie lange soll diese andauern?“ Und schließlich will Beate Meinl-Reisinger wissen, welche kulturellen Veranstaltungen in welchen Medien beworben wurden: Sie bittet „um detaillierte Auflistung“, gegliedert nach Medien, Veranstaltungen und Jahren.

Ihr Tratsch-Partner ist gespannt. Und auch er formuliert eine Bitte: Der Kulturstadtrat möge nicht nur von Transparenz reden, sondern mit guten Beispiel vorangehen. Denn seine Antworten auf die Anfragen der Neos sind zumeist alles andere als erhellend.

Sie glauben das nicht? Also: Die Neos wollten wissen, „aus welchen Personen“ sich die Bestellungskommission für die Leitung des Kulturamts bestand – den Job bekam Anita Zemlyak, eine ehemalige Mitarbeiterin von Mailath-Pokorny. Dessen Antwort: „Die hochrangig besetzte Hearingkommission bestand aus fachlich kompetenten Führungskräften der Stadt Wien ...“ Warum nennt er nicht einfach die beiden Namen Matti Bunzl und Sylvia Mattl-Wurm?

Oder: Die Wiener Festwochen weigerten sich heuer, konkrete Besucherstatistiken zu veröffentlichen. Die Neos bohrten daher nach – und sie wollten u.a. auch wissen, wie hoch die Kartenerlöse ausgefallen sind. Mailath antwortete exakt das Gleiche wie auf die Frage nach den Auslastungszahlen: „Der gesellschaftliche wie künstlerische Wert ermisst sich nicht aus fragmentarischen Zahlenwerken der einzelnen Produktion, sondern aus dem Gesamtbild des Festivals.“ Meinl-Reisinger ist richtig zornig. Die Festwochen werden immerhin mit elf Millionen Euro subventioniert.

Der Stadtrat ließ sich zumindest zu dieser Antwort herab: „Im Jahr 2016 haben 38.312 der insgesamt 112.700 Besucher und Besucherinnen Veranstaltungen bei freiem Eintritt besucht.“ Es gab folglich 74.388 zahlende Besucher. Das kann aber nicht stimmen, denn an anderer Stelle heißt es, dass 74.388 Karten ausgegeben worden seien. Denn dann hätte es keine einzige Freikarte geben dürfen. Gab es aber.