Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Zeit für eine neue Politik

Es braucht eine Rundumerneuerung der Politik, inklusive der Opposition.

Dr. Martina Salomon
über die Lähmung des Landes

Die Hoffnung lebt, doch sie ist trügerisch: Wenn die SPÖ ihren Parteichef und Kanzler austauscht, dann ist der Stillstand beendet. Dann werden Probleme angepackt: von Arbeitslosigkeit bis Zuwanderung. Dann gibt es endlich die Chance zu einer Reformpartnerschaft – doch halt: Für Rot-Schwarz gab es dafür in der Steiermark gerade eine kräftige Watsche. Das mündete – nur in der österreichischen Logik verständlich – in Schwarz-Rot. Und außerdem stellt man sich die Frage: "Ist diese FPÖ noch zu stoppen"?

Die Wahrheit ist: Es braucht eine Rundumerneuerung der Politik, inklusive der Opposition. Wenn aus den Blauen nicht endlich eine regierungsfähige Partei wird, dann haben wir ein Problem. Innovation entsteht in einer Demokratie auch durch Konkurrenz und Wechsel. Aber die Große Koalition ist, obwohl völlig ausgedörrt, zum Weiterbestehen und damit zum kleinsten gemeinsamen Nenner verdammt. Die Verhältnisse sind versteinert: Es gibt im Bund, mehr noch in den Ländern, eine kaum abwählbare Nomenklatura, die alle Lebensbereiche – sogar bis hin zur Justiz – durchdringt. Das ist ungesund und ergibt einen Teufelskreis: Das Volk betrachtet die Politik (oft sogar zu Unrecht) mit Verdruss, was dazu führt, dass Volksvertreter ängstlich nur mehr in Floskeln reden. Und immer sind irgendwo Wahlen, daher wird Notwendiges, aber Unpopuläres nur zögernd angefasst. Interessante Persönlichkeiten schrecken daraufhin vor politischem Engagement zurück. Sie können nur verlieren. Am Ende ist die Personaldecke dünn. Wohl auch ein Grund, warum Franz Voves keinen roten Nachfolger in der Steiermark durchgesetzt hat.

Schockwellen des blauen Triumphs

Und die FPÖ? Ihr fallen die Wahlerfolge ohne Anstrengung in den Schoß. Der Wähler weiß ja: Nichts regt das politisch-mediale Establishment so auf wie ein blauer Triumph. Da wird ein in der Wahlzelle gemaltes Kreuzerl zur billigen "Rache" für tatsächlich oder scheinbar erlittenes Ungemach. Und diese Rache wird von den einst "schwarzen" Wirten genauso geübt wie im "roten" Gemeindebau. Die einen fühlen sich von der eigenen Partei zu Steuerbetrügern gestempelt, die anderen von einer ungeregelten Einwanderungspolitik ins Eck gedrängt.

Es ist unklug von Rot und Schwarz, sich eine diskreditierte, verhaltensoriginelle FPÖ zu wünschen. Die Blauen müssen endlich ernsthaft und sachpolitisch zu einer Regierungsalternative werden, für die sich niemand zu genieren braucht. Auf Dauer kann H.C. Strache nicht den einfachen Weg gehen und nur das scheinbar Populäre fordern. Österreich hat Platz für eine starke, ja auch harte Opposition. Das bald alles überlagernde Problem der Einwanderung erfordert andere Antworten als Zelte auf Sportplätzen oder Schönreden von Problemen. Aber Aggressionen schüren ist auch kein Weg. Natürlich baucht die FPÖ außerdem ernsthaftes Personal, um Funktionen besetzen zu können. Hans Niessl und Johann Tschürtz können ja zeigen, ob es einen alternativen Weg gibt.