Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Was ein Bundespräsident können muss

Der Intellektuelle hat genügend alpenländischen Anstrich, um auch Menschen am Land zu gefallen

Dr. Martina Salomon
über Karlheinz Töchterle

Kürzlich wurde in Tirol ein politischer Luftballon aufgeblasen, dem aber schnell wieder die Luft ausging: Tirols Landeshauptmann Günther Platter hatte Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle als ÖVP-Präsidentschaftskandidaten vorgeschlagen.

Geniale Idee! Töchterle hat alles, was ein Bundespräsident braucht: Er hält gerne philosophische Vorträge (wenn gewünscht auch in Latein), denen selbst der politische Gegner applaudiert. Der Intellektuelle hat genügend alpenländischen Anstrich, um auch Menschen am Land zu gefallen. Er kann in jeder Blasmusikkapelle spielen – ein gar nicht hoch genug zu schätzender Vorteil im Wahlkampf. Außerdem liebt er Bergtouren (wie HeiFi).

Und das Beste: Er ist bisher nicht mit bahnbrechenden Vorschlägen aufgefallen, die irgendjemanden verstören könnten. Damit ist seine Chance intakt, künftig so beliebt wie Amtsinhaber Heinz Fischer zu sein. Schließlich wollen die Österreicher in der Hofburg einen Ersatzkaiser und keinen, der Klartext redet.

Bei einer Papst-Angelobung in Rom wäre Töchterle sogar ein deutlich geeigneterer Gast als der bekennende Agnostiker Fischer. Der ministerielle Uniprofessor bezeichnet sich als praktizierenden Katholiken. In Sachen Überparteilichkeit ist Töchterle sowieso glaubwürdiger als alle anderen. Der ÖVP ist er nie beigetreten, und in Tirol hat er sogar für die Grünen kandidiert.

Ein ernsthafter Gegner für den Tiroler wäre lediglich der Wiener Rudolf Hundstorfer. In puncto Leutseligkeit und großkoalitionärer Vernetzung ist der Sozialminister bis dato ungeschlagen. Wenn er in der Industriellenvereinigung als (sehr beliebter) Gastredner auftritt, vergisst man dort glatt, ihm kritische Fragen zu stellen. Umgekehrt tut er das ja auch nicht.

Wie Töchterle verdirbt er niemandem den Spaß mit Weltverbesserungsvorschlägen, setzt auf Zeit und macht nur kleine Schritte. Hundstorfer erreicht damit in der heimischen Wirklichkeit vielleicht sogar mehr als die selbst ernannten Retter des Abendlandes. Natürlich hätte Hundstorfer die Pensionen und Töchterle die Unis radikaler umbauen können. Aber wer, bitte, will so etwas in Österreich schon? (Selbst ein großer Teil der künftigen akademischen Elite des Landes sieht – glaubt man einer brandaktuellen Umfrage – ihre persönliche Zukunft im Beamtentum.)

Die Amtsperiode Fischers nähert sich übrigens, anders als es den Anschein hat, nicht bereits dem Ende, sondern läuft erst 2016 aus. Sollte den einstigen Großparteien plus den dann vielleicht mitregierenden Grünen das Geld für große Hofburg-Kampagnen ausgegangen sein, so könnten sie sich locker auf einen überparteilichen Kandidaten einigen – egal, ob der jetzt Töchterle oder Hundstorfer heißt. Hugo Portisch hat schließlich schon mehrfach abgewunken, Erwin Pröll nicht wirklich.