Noch immer kein Hoffnungsträger
Von Danny Leder
76 Tage vor den Präsidentenwahlen sucht Frankreich noch immer einen passablen Hoffnungsträger
über die Aussichten, Marine Le Pen aufzuhalten
Bis vor Kurzem konnte man noch mit ruhigem Gewissen vorhersagen, Frankreich werde bei den Präsidentenwahlen (die erste Runde Ende April, die zweite Anfang Mai) ein Sieg von Marine Le Pen erspart bleiben. Die Nationalistin würde sich zwar mit Sicherheit für die Stichwahl qualifizieren aber in diesem Abschluss-Duell unterliegen. Hatte sich doch bisher bei allen wichtigen Wahlen in Frankreich, im jeweiligen zweiten Durchgang, eine parteiübergreifende Wählermehrheit dem "Front national" (FN) von Le Pen widersetzt.
Diese Faustregel könnte jetzt aber nicht mehr gelten, auch wenn weiterhin eine Mehrheit der Franzosen der Nationalistin grundsätzlich misstraut. Marine Le Pen hat sich zwar klar von ihrem Vater, dem Parteigründer Jean-Marie Le Pen, distanziert und seinen rechtsradikalen Fundamentalismus sowie seinen gelegentlich aufflackernden Antisemitismus verworfen. Aber all dies wird meistens als Fassadenrenovierung empfunden, hinter der ein tendenziell autoritärer und fremdenfeindlicher Grundtenor anhält.
Insofern erschien die Kandidatur von Francois Fillon als voraussichtlicher Sperr-Riegel für Le Pen. Der konservative Hardliner mit dem – ursprünglichen – Saubermann-Image gewann bürgerliche Traditionswähler, von denen etliche in die Nähe von Le Pen gerückt waren. Die Enthüllungen über die Veruntreuung öffentlicher Gelder durch Fillon, der Frau und Kinder für fiktive Jobs im Parlament entlohnen ließ, haben die Dynamik des konservativen Kandidaten aber wieder gebrochen. 76 Tage vor den Präsidentenwahlen sucht Frankreich noch immer einen passablen Hoffnungsträger, der verhindert, dass sich allzu viele Wähler bei der Stichwahl enthalten und dadurch einen Sieg von Le Pen doch noch zulassen.