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Libyen ist größeres Problem als Türkei

Hunderte Flüchtlinge werden am Montag von Griechenland in die Türkei zurückgeschickt. Der Aufwand ist enorm, die Rückführungen werden dauern, die legale Übernahme syrischer Kriegsflüchtlinge in der EU ist ungelöst. Kaum ein Land will Asylwerber aufzunehmen. Die Frage ist berechtigt: Was bringt der Türkei-Deal? Was ist der Preis? Die EU hängt von der Bereitwilligkeit Ankaras und des autoritären Staatspräsidenten Erdoğan ab.

Den Kritikern des Türkei-Paktes sei aber auch gesagt: Vergesst die Einwände. Es wird keinen Beschluss geben, den Pakt für tot zu erklären, wie ihn Bundespräsident Fischer erwägt. In wenigen Wochen wird niemand mehr darüber reden, die EU hat dann ganz neue Probleme.

Flüchtlinge aus Libyen und anderen Ländern Afrikas werden in Massen über das Mittelmeer nach Europa strömen. Dabei sollte die EU Anregungen aus Österreich ernst nehmen. Die gesamte Bundesregierung fordert einen starken EU-Außengrenzschutz, den es noch immer nicht gibt, Verteidigungsminister Doskozil drängt auf eine Libyen-Mission. In afrikanischen Ländern sollten rasch Schutzzonen errichtet werden. Mit Unterstützung des UNO-Flüchtlingshilfwerkes UNHCR könnte die Verteilung der Flüchtlinge organisiert werden, denn in der EU gilt: Die illegale Einreise ist ein für allemal passé.

Wenn der EU-Kommission und den EU-Regierungen etwas daran liegt, die Flüchtlingskrise zu lösen, dann muss für eine Million Menschen, die in Libyen auf die Ausreise warten (in Afrika sind es 20 Millionen) rasch etwas getan werden. Die große Bewährungsprobe für die EU ist nicht der Türkei-Deal, sondern die Migration aus Libyen und anderen Staaten Afrikas.