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Österreich muss nicht Italien werden

Österreich muss nicht Italien werden.

Josef Votzi
über Rot-Schwarz

Der italienische Senat ist in einem pittoresken Palast im Herzen Roms untergebracht. Wenn es nach dem italienischen Premier, Matteo Renzi, geht, ist es mit dem ausladenden Leben im barocken Palazzo Madama vorbei. Die zweite Parlamentskammer wird ausgehöhlt: 148 statt 315 Senatoren; nicht mehr aufwendig gewählt, sondern mit Bürgermeistern, Regionspräsidenten (vergleichbar mit Landeshauptleuten) oder Regionalabgeordneten ohne Extra-Gage beschickt. Gegen ihre Selbstabschaffung machen Noch-Senatoren auch in Renzis Partei, dem Partito Democratico, mobil. Er hat sein politisches Schicksal nun mit dem Senat light verknüpft: Wenn er nicht gelingt, "dann hat es keinen Sinn, dass Leute wie ich in der Regierung bleiben".

Im Herbst 2013 warb ein rot-schwarzer Spitzenmann hinter den Kulissen für ein couragiertes Vorhaben: Der Bundesrat führt mangels Macht ein Schattendasein, als Mahnmal des Überflüssigen stellt er vieles in den Schatten. Das Kabinett Faymann/Spindelegger II, so der Plan, schafft zum Start als Zeichen des guten Sparwillens mit dem Bundesrat auch ein Symbol der politischen Inzucht ab. Der Plan scheiterte genau daran. Im Koalitionspakt steht die Alles-und-nichts-Formel: "Der Bundesrat soll gestärkt, verschlankt und kostengünstiger werden."

"Quietschen und krachen"

Eine Länderkammer light spült weder in Rom noch in Wien vielstellige Millionen-Beträge in die klammen Kassen. Mit dem Sparen bei sich selber könnte es Matteo Renzi aber gelingen, einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu setzen: Nach dem Reinfall mit Silvio Berlusconi ist das Vertrauen der Italiener in die Politik kaputter denn je.

Österreich ist noch nicht Italien; aber alle Zeichen stehen auf jene dramatische Erosion, die Rom schon hinter sich hat. Würde heute Sonntag gewählt, müssten sich Rot und Schwarz nach neuen Partnern umschauen. Die Koalition hat keine Mehrheit mehr und nähert sich mit je Zwanzig-Prozent-Plus der Kernwählerschmelze. Dank des fahrlässigen Umgangs mit Haiders Hypo-Thek stecken Faymann & Spindelegger zudem in der Misstrauens-Falle: Die Mehrheit glaubt weder an eine schonungslose Aufklärung durch die von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission noch an das halbherzig erneuerte Versprechen einer U-Ausschuss-Reform.

Im Herbst 2013 hätte Rot-Schwarz mit Leuchtturmprojekten wie einer Länderkammer light vielleicht noch gepunktet. Im Frühjahr 2014 reichen symbolische Akte für eine Trendwende nicht mehr. Finanzminister Michael Spindelegger kündigte am Samstag im KURIER ein Budget mit "Ecken und Kanten" an. Die zusätzlichen Lasten des Hypo-Debakels will er so verteilen, dass es "nicht bei den Leistungen für die Bürger", sondern bei der Verwaltung, also bei sich selber "quietscht und kracht". Wo und wie laut das vernehmbar wird, ist in Kürze bei der ersten Budgetrede des ÖVP-Chefs zu hören. Daran wird er nicht nur als Finanzminister, sondern die ganze Regierung gemessen werden: Ob sich Rot-Schwarz selber noch eine Chance geben will.