Also, wenn ich was zu reden hätt’ ...
Wahl verloren, Verhandlungen gewonnen.
über die neue Regierung
Nicht nur Kanzler und Vizekanzler fühlen sich in diesen Tagen missverstanden, auch so mancher Minister klagt darüber, dass die Zeitungen nur das Schlechte an dieser Regierung und ihrem Programm sehen. Also suchen wir einmal Verständnis für die Lage der beiden Parteichefs:
Werner Faymann und Michael Spindelegger haben kein gutes Wahlergebnis eingefahren. Ohne Chance auf eine Mehrheit jenseits der kleinen „ Großen Koalition“ mussten sie miteinander verhandeln. Dabei gab es sofort in beiden Parteien Gruppen, die inhaltliche Positionen und Ministerämter beanspruchten. Motto: Wahl verloren, Verhandlungen gewonnen. Dadurch war schon wenig möglich, da es ja in entscheidenden Fragen, von der Steuer bis zur Bildung, nur wenig Gemeinsames gab.
Als dann doch ein paar Reformen bekannt wurden, standen die Lobbys schon bereit – Veränderungen, ja bitte, aber bei den anderen. So etwa: Die Biennien der Beamten sind heilig. Erbschaftssteuern erinnern an den Kommunismus. Von den Gratis-Unis profitieren zwar die Reichen, aber so befiehlt es die Ideologie. Geraucht wird, wo es gefällt, und so weiter und so fort.
In dieser Lage hätten Faymann und Spindelegger den gordischen Knoten der allgemeinen Reformverweigerung in diesem Land durchschlagen müssen – und sich noch unbeliebter gemacht. Aber nur kurzfristig. Das hätte eine echte Reformregierung werden können, vieles war schon angedacht. Aber so haben wir weiter ein leistungsfeindliches und ungerechtes Steuersystem. Und (Landes-)Politiker aus SPÖ und ÖVP, die auch Verhinderer waren, beklagen, dass wieder nur weitergewurschtelt wird. So viel Verständnis muss sein.