Ein Sieg des pensionierten Spießbürgertums?
Von Martina Salomon
Man kümmert sich in Österreich nicht wirklich um einen funktionierenden Arbeitsmarkt für Ältere
über die Volksbefragung
Diese Ansicht beruhte allerdings lediglich auf einer Wahltagsbefragung des Sora-Instituts im Auftrag des ORF. Dass die ARGE Wahlen/GfK mit kumulierten Daten aus mehreren Umfragen im Dezember und Jänner zu einem anderen Ergebnis gekommen ist (sie sah auch bei den Jungen eine Mehrheit für die Wehrpflicht) – wen kümmerte es? Zu verlockend war dieser „Spin“, den auch fast alle Medien übernahmen. Logisch, bei Journalisten wäre die Befragung wohl glasklar für das Berufsheer ausgegangen.
Die dahinterstehende Generationenfrage ist aber ernst, nicht nur in Zusammenhang mit Pensionsreformen. Dort ist es natürlich besonders klar: Vor wenigen Tagen warnte die Ratingagentur Fitch vor einer zweiten Finanzkrise, wenn nicht tief greifende Pensionsreformen stattfänden. Österreich zählt diesbezüglich sogar zu den zehn verwundbarsten Ländern der Welt. Dass hierzulande viel zu jung in den Ruhestand gewechselt (und damit die Arbeitslosenstatistik geschönt) wird, ist für Ältere Privileg und Bumerang zugleich. Viele verabschieden sich ja keineswegs freiwillig in die Pension. Man kümmert sich in Österreich nicht wirklich um einen funktionierenden Arbeitsmarkt für Ältere – womit oft schon Leute über 50 gemeint sind.
Doch die Jungen, die die Zeche für überdurchschnittliche Sozialausgaben, schlechte Budgetdisziplin und teure Verwaltung zahlen werden, interessiert das alles kaum. Bei Bürgerinitiativen, öffentlichen Diskussionen und Lobby-Organisationen glänzen sie durch Abwesenheit. Das könnte eine Doppelursache haben: Kinder aus gebildeteren Schichten haben keinen Veränderungsdruck, weil sie dank ihrer Familien saturiert leben. Über das Chaos an den Unis wird zwar gemotzt, doch um dagegen aufzustehen, ist man noch von der letzten Party viel zu müde. Kinder aus den weniger gebildeten (oft migrantischen) Schichten lehnen sich ebenfalls zurück. Denn im Fall des Falles wird wie bei Papa und Mama schon der Sozialstaat dafür sorgen, dass man nicht vor die Hunde geht. Hauptsache, Flatscreen und Handy sind finanziert.
Schieflage
Seien wir ehrlich: Interesse an Politik und direkter Demokratie ist bestenfalls ein Thema für die Vierzig-plus-Generation, und am eifrigsten redet die 60-plus-Generation mit. Ihr das vorzuwerfen, ist absurd. Dennoch muss die Politik einen Ausgleich schaffen – was schwierig ist. Es sind ja nicht nur die Alten dominanter als die Jungen, es haben auch die staatlichen Nettoempfänger ihre Volksvertreter besser im Griff als die Nettozahler. Letztere sind zu sehr beschäftigt, das Geld herbeizuschaffen, das die Volksvertretung, bestehend hauptsächlich aus Pragmatisierten, Kammer- und Polit-Funktionären dann großzügig umverteilt. Eine Schieflage, die sich tendenziell verstärkt. Darüber muss man – ohne die üblichen, parteitaktischen Manipulationsversuche – endlich offen reden.