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Anschlag in Berlin: Die Lautesten haben nicht immer recht

Nach der Terrorattacke von Berlin braucht es keine Angstmache - die hilft nur jenen, die den Terror verbreiten.

Mag. Evelyn Peternel
über den Anschlag in Berlin

" Merkels Tote". Es hat nur Minuten gebraucht, um aus der fürchterlichen Meldung aus Berlin eine Schuldzuweisung zu machen. Tausendfach wurde die im Netz von jenen erhoben, die bereits kurz nach der Attacke gewusst haben wollen, wer da am Werk war, sie wurde aber auch vom größten Verstärker vorschneller Verurteilungen in die Welt geschrien: von der AfD.

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Der Zynismus dieser Worte ist schwer zu überbieten. Er ignoriert nicht nur die Opfer, er gibt auch den Tätern genau das, was sie wollen: Nicht sie sind am Terror schuld, nicht sie tragen Hass in die Gesellschaft, sondern jene, die für Staatsräson und Offenheit plädieren. Eine verquere Sicht, mit der die Rechtspopulisten und ihre Fans sich zum willigen Werkzeug der wirklichen Täter machen.

Was es jetzt braucht, sind keine pubertären Fingerzeige nach innen, sondern Besonnenheit und Geschlossenheit nach außen. Natürlich ist das ein schwieriger Drahtseilakt - die politische Debatte, die seit der Flüchtlingskrise ganz Deutschland beherrscht, kann und soll man nicht ausblenden.

Dass Angela Merkel auch diesmal – wie schon beim Münchner Amoklauf - nicht gleich in der Nacht vor die Kameras getreten ist, ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten. Aber sie hat Recht damit. Solange man nicht weiß, was wirklich passiert ist, braucht es keine Kampfansage.

Wobei: Einige Worte der Staatsräson wären schon mehr als angebracht gewesen - vor allem, um die eigene rasche Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Merkel muss sich auf heftige Debatten einstellen. Sie muss sich deshalb umso offener der jetzt noch stärker aufbrandenden Kritik stellen - nur eben nicht auf dem Niveau, das die AfD ihr vorgibt.

Das betrifft nicht nur Merkel, das betrifft die ganze Politik. In Deutschland. Und in Europa. Alle müssen aufpassen, im immer lauter werdenden Schreikonzert ihre besonnene Stimme zu wahren. Sonst gewinnt die Angst - und damit auch der Terror.