Tsipras muss wissen, wo seine Freunde sind
Der griechische Premier reist nach Moskau. Die Lösung der Krise wird er bei Präsident Putin aber nicht finden.
über Alexis Tsipras
Griechenland geht jetzt global auf Geldsuche. Das ist angesichts der prekären Staatsfinanzen und der darniederliegenden Wirtschaft verständlich. Mehr als irritierend jedoch ist der vorerst noch verbale Flirt von Alexis Tsipras mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Am Mittwoch fliegt der Premier nach Moskau, ein normaler bilateraler Besuch, wie es offiziell heißt. Doch Tsipras Aussagen vor der Abreise – er beschwor eine "wunderbare Zukunft" mit Russland und bezeichnete die Sanktionen als "sinnlos" – geben Anlass zur Sorge, der griechische Regierungschef wolle seine europäischen Partner und die wichtigen Finanzgeber verprellen. Eine Position Griechenlands zwischen EU und Russland ist sicher nicht akzeptabel.
Man muss sich schon fragen, ob Tsipras die Absichten Putins nicht durchschaut oder nicht durchschauen will. Der linke Politiker ist ein guter Analytiker und er muss wissen, mit wem er es in Moskau zu tun hat. Der überzeugte Antifaschist kann nicht übersehen, dass Putin Rechtspopulisten, Nationalisten und Antisemiten in Europa finanziert. Jetzt erhärtet ein russischer Hackerangriff den Verdacht, der rechtsextreme Front National soll neun Millionen Euro von einer russischen Bank als "Belohnung" für die Unterstützung von Putin bei der Annektierung der Krim erhalten haben. Das berichtete am Wochenende der Telegraph.
Tsipras muss wissen, dass er das breite Einverständnis, Vertrauen und die Solidarität seiner europäischen Freunde missachtet, wenn er glaubt, mit Putin packeln zu können. Die Maxime Napoleons "Erst handeln, dann wird man sehen" kann doch wohl nicht die Handlungsanleitung für Tsipras sein.