Meinung/Kommentare/Aussenpolitik

Obama gewann die Debatte, Romney an Statur

Obama gewann die Debatte, Romney an Statur

Mag. Ingrid Steiner-Gashi
über die letzte TV-Debatte

Wenn Mitt Romney seine Strategie mit den Worten "Jagt die bösen Jungs!" zusammenfasst, mag dies so manchen Zuseher der letzten TV-Debatte zwischen dem US-Präsidenten und seinem republikanischen Kontrahenten mit Schaudern an Amerikas Jahre unter George Bush erinnern. Doch abgesehen von ein paar plastischen Schlagworten würden die USA auch unter einem republikanischen Präsidenten Romney kaum einen anderen außenpolitischen Kurs fahren als jetzt. Dies zumindest ließ Romney beim finalen Rededuell durchklingen, das sich überwiegend außenpolitischen Themen widmete. Härtere Sanktionen gegenüber dem Iran forderte der Republikaner ein, doch dies war im Grunde schon der größte Unterschied in den außenpolitischen Positionen zwischen dem Präsidenten und seinem Herausforderer. Der Appetit auf neue Kriegsabenteuer scheint jedenfalls auch unter den Romney-Republikanern bei Null zu liegen.

Als "Commander in Chief" hatte Barack Obama Montagnacht beim dritten und letzten Rededuell leichteres Spiel als bisher. Staatsmännisch und souverän verwies er auf seine Erfolge, von der Tötung Osama bin Ladens, dem Rückzug aus dem Irak, bis zur Tatsache, "dass ich dieses Land in den vergangene vier Jahren sicher gehalten habe." Punkto Stil und Botschaft dürfte der US-Präsident nach der zweiten nun auch die dritte TV-Debatte gewonnen haben. Doch die Frage ist: Was ändert das? An einem, nach einer völlig missglückten ersten Fernsehdebatte verspielten Vorsprung, den Obama seither nicht wieder aufholen konnte. Kopf-an-Kopf gehen die beiden Kontrahenten nun ins Wahlkampffinale.

Obamas konservativer Gegner hat an Kontur gewonnen, konnte sich dank weitgehend fehlerloser TV-Auftritte und eines moderateren Tonfalls plötzlich als wählbarer Kandidat der Mitte präsentieren. Romney ist es gelungen, sein Image als kaltherziger, job-vernichtender Großinvestor in den Hintergrund zu drängen und stattdessen die Wirtschaftsdebatte zu dominieren: Nur er sei in der Lage, so seine Botschaft, den angeschlagenen Koloss USA wieder in Fahrt zu bringen. Laut Umfragen glaubt ihm das eine knappe Mehrheit der Amerikaner auch. Damit hat Romney  Obama zwei Wochen vor der Wahl in eine Verteidigungs-Position gebracht, in der der Präsident nie sein wollte. Statt sich auf den Bonus des Amtsinhabers verlassen zu können, muss Obama nun bis zur aller letzten Minute um seine Wiederwahl zittern.