Meinung/Kommentare/Aussenpolitik

Italien hat genug

Die Italiener haben die Politik und ihre Politiker satt.

Ulrike Botzenhart
über die Misere Italiens

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Misere Italiens ist unübersehbar, der Frust der Italiener greifbar. Sie haben die Politik und ihre Politiker satt. Die Jungen, die keine Jobs finden und bei ihren Eltern wohnen müssen. Die Mittleren, die um ihre Arbeit zittern und mit Müh und Not ihre Ein-Kind-Familien durchbringen. Und die Alten, denen durch die Unterstützung ihrer Kinder und Enkel und auch die Vervielfachung der Immobiliensteuer die Luft ausgeht. Und dabei müssen sie seit Jahrzehnten zuschauen, wie korrupte Politiker – wechselnder Namen, wechselnder Parteien – nur sich selbst und ihre Freunde bereichern, Gesetze maßschneidern oder ohne jeden Skrupel brechen. Unbestrittener Großmeister darin ist Silvio Berlusconi, der nicht zuletzt wegen seiner laufenden Gerichtsprozesse noch einmal in den Ring gestiegen ist.

Wut und Unzufriedenheit ziehen sich quer durchs Land, durch alle sozialen und Altersschichten. Als Reaktion blieben viele Bürger den Wahlen fern, die Wahlbeteiligung sank in den Keller. Die anderen schrien sich in den letzten Wochen gemeinsam mit Beppo Grillo ihre Wut aus dem Leib. Der 64-jährige Satiriker bot ihnen bei seiner Tour durchs Land das Ventil dafür und zur Proteststimme in der Wahlzelle. Er und seine politfernen „Grillini“ sollen ruhig einmal aufmischen, meinen auch besonnene Italiener, die mit Blick auf ihre arbeitslosen Freunde und ihre eigenen Probleme die Nase längst voll vom Establishment haben.