Meinung/Kommentare/Aussenpolitik

Halbherzig um des Friedens Willen

Der russische Bär hat die Krim verspeist und laut gerülpst.

Andreas Schwarz
über Russland

Der russische Bär hat die Krim verspeist und laut gerülpst: Mit der Eingliederung der ukrainischen Halbinsel habe Russland nur nachvollzogen, was mit der deutschen Einheit vorgemacht war, sagte Wladimir Putin in seiner "Siegesrede". Die heillos überforderte Übergangsregierung in Kiew spuckt noch ein paar martialische Töne, aber die ukrainischen Soldaten in den Kasernen der Krim verlassen mit gesenktem Kopf ihre Unterkunft – was sollen sie auch tun?

Und während ein paar verhaltensauffällige Geschichtsakrobaten am linken und rechten Rand in Europa Putins Handstreich verteidigen, treffen die EU-Granden erneut zusammen, um über Sanktionen zu beraten. Die Stufe 2-plus (weitere Konto- und Einreisesperren) steht an – über Stufe 3 und weitere Maßnahmen herrscht die traditionelle interessensabhängige Uneinigkeit.

Allein über die Benennung der Sanktionsschritte wird Putin schmunzeln. Er weiß um die wirtschaftlichen Sorgen in Europa im Falle eines Kalten Krieges. Und er weiß, dass auch die etwas härteren amerikanischen Maßnahmen nicht auf Dauer zur Eiszeit führen werden.

Der Westen hat, anders als vor 100 Jahren, Gremien und Instanzen, die schlichten können, hat der renommierte Weltkriegshistoriker Christopher Clark im KURIER-Interview gesagt – auch wenn keine davon gegriffen habe, so herrsche eine Wohlüberlegtheit, die eine Eskalation, gar einen militärischen Konflikt mit Putins Russland verhindere. Den will auch Putin nicht. Der will nur so weit gehen, wie man ihn lässt.

Um des Friedens willen hat man ihn mit halbherzigen Stoppsignalen gehen lassen – und hofft, dass es dabei bleibt. Das hat das Eskalationspotenzial zwischen dem Westen und Russland für den Moment eingedämmt. Putin möglicherweise nicht.