Meinung/Kommentare/Aussenpolitik

Sozialliberal gegen sozialnational

Frankreichs sozialistischer Staatschef hat keinen Spielraum, aber er nützt ihn.

Danny Leder
über die französischen Kommunalwahlen

François Hollande steht mit dem Rücken zur Wand. Es gehört zwar schon zur Tradition in Frankreich, dass bei den landesweiten Lokal-Wahlen die jeweiligen Staatsführungen, ob sozialistisch oder bürgerlich, in der Halbzeit ihres Mandats abgestraft werden. Diesmal aber könnte diese Pendelbewegung eine Erschütterung ankündigen, die am gesamten Nachkriegsgerüst der französischen Republik rüttelt: Das signalisiert der Vormarsch der Nationalpopulisten von Marine Le Pen, so bescheiden deren Resultate auch sein mögen im Vergleich zum Sieg der konservativen Opposition und so sehr auch ihr Abstand zu den Grünen, die ebenfalls zulegten, gering bleibt.

Bis zu den EU-Wahlen im Mai, dem idealen Exerzierfeld für Marine Le Pen, kann aber Hollande das wirtschaftspolitische Steuer nicht mehr herumreißen – selbst wenn er es wollte. Aber er will es nicht, und zwar zu Recht.

Im Gegensatz zu seinen ersten zwei Amtsjahren, die unter widersprüchlichen Ansagen und Verzagtheit litten, deutet einiges darauf hin, dass Hollande jetzt seine sozialliberalen Zielvorstellungen in konsequenterer Weise umsetzen wird: Abgabensenkung für Unternehmer abgesegnet durch Sozialpartnerkonferenzen sowie Sparmaßnahmen in Rekordhöhe – einem Teil seiner verstörten Anhänger zum Trotz, die sich aus der EU, der Weltwirtschaft, ja der Gegenwart schlechthin verabschieden wollen und bei diesen Tagträumen von den national-sozialen Versprechen von Marine Le Pen bestärkt werden.