Very British: Unter Pubkameraden
Von Harald Schume
England ist ein Paradies für Pubkameraden. Viele Männer, die meisten im Anzug, trinken schon in der Mittagspause ein paar Bier und kehren topmotiviert in die Arbeit zurück, wo sie sich auf zwei, drei Feierabend-Biere freuen. Dürften Chefs sein, weil sich ja sonst wer beschweren könnte, dass sie ang’flaschelt hinter dem Schreibtisch sitzen.
Diese Chefs sind es gewohnt, mit pickigen Fingern das Geldtascherl aus dem Sakko zu ziehen. Denn nur ein bummvolles Glas ist ein volles Glas. Schaum ist kein Thema. Der Mann hinter der Budel lässt den Zapfhahn so lange offen, bis das Bier über den Rand rinnt. Dann stellt er das Glas auf die pickige Budel und sagt "three pounds eighty". 4,50 Euro kostet ein "Pint", das um eine Spur kleiner als ein Krügerl ist. Neben dem hellen Lager, meist aus den Niederlanden, ist das Ale ein Renner. Es schmeckt bitter und man fühlt sich nachher so gesättigt, als hätte man ein halbes Schwein verdrückt.
In einem gemütlichen Pub darf ein pickiger Spannteppich nicht fehlen. Die Toiletten sind dort, wo einen die Nase hinführt. Tageslicht ist was für Rehstreichler. Gläser werden prinzipiell nicht abserviert. Kellner gibt es keinen. Wenn das Bier 3,80 kostet, wird auf den Penny genau herausgegeben. "Four" versteht der Mann nicht, aber er nimmt anschließend die 20 Pence. Die gesetzliche Sperrstunde aus dem Jahr 1915 wurde gelockert – sie war eingeführt worden, damit die Rüstungsarbeiter um 23 Uhr heimgehen und am nächsten Tag nicht fett Kanonen basteln.
Ein Insider-Tipp ist "The hung, drawn and quartered" nahe der U-Bahn Tower Hill. Draußen hängt ein Schild mit einem Zitat aus dem Jahr 1660: "Ich sah Major General Harrisson, der gehängt, ertränkt und gevierteilt worden war. Er blickte so stolz, wie es kein Mann unter diesen Umständen tun hätte können."
Ein schöner Name, der ausbaufähig ist. Wann eröffnet in Österreich das Gasthaus "Der Geföhnte, Weißwestige und Unschuldige"?