über LEBEN: Piraten, Cola-Whiskey und Nova Rock
Von Guido Tartarotti
Wir halten an unserer Lieblingstankstelle: Göttlesbrunn-Arbesthal riecht schon ungarisch, zumindest wird hier drin mehr Ungarisch gesprochen als Österreichisch. Wie jedes Jahr erwerben wir rituell eine Dose Cola-Whiskey. Wir fahren zum Nova Rock, und nie war das Cola-Whiskey so stimmig: Heuer spielen Motörhead, und deren Vorstandsvorsitzender Lemmy ernährt sich ausschließlich von Jack Daniel's/Cola. Wir lieben Motörhead, weil wir Lemmy lieben. Lemmy verkörpert den Rock 'n' Roll fast noch besser als Keith Richards, weil er nicht reich ist: Ein Unangepasster, ein Outlaw, witzig, drastisch, unmoralisch, dabei aber ein großer Idealist (und seine Musik ist fantastisch). Ein moderner Pirat. Heuer begleitet uns erstmals mein Sohn, er freut sich mindestens so auf Lemmy wie wir. Aus seiner Vorfreude wird er jäh gerissen, und zwar von einer Trottmöpsin von Security-Tante (Rückennummer 78). Sie reißt ihn tatsächlich, und zwar am Rucksack. Sie reißt und schüttelt ihn und schreit ihn an. So geht man mit niemandem um, auch und schon gar nicht mit einem 12-Jährigen. Er funkelt sie wunderbar würdevoll aus bösen, stolzen Augen an. Sie glaubt ihm nicht, dass er zu uns gehört, will ihn als zu jung des Geländes verweisen. Mein Hinweis, dass er mein Sohn sei, dass er zudem ein VIP-Band am Arm trägt, interessiert sie nicht. Erst eine Kollegin bringt sie zur Raison, und er darf hinein. Nie war ein Motörhead-Konzert so wichtig wie jetzt. Leider streikt Lemmys Mikro. Wir beschließen, dass Lemmy trotzdem der coolste Hund unter der Sonne ist und helfen ihm singen: That's the way I like it, baby, I don't want to live forever! Bei der Heimfahrt halten wir wieder in Göttlesbrunn-Arbesthal. In der Tankstelle stehen Hunderte in Motörhead-Shirts und trinken Whiskey-Cola. Wenn jetzt eh alle Piraten sind - ist man dann als Pirat überhaupt noch ein Pirat?