über LEBEN: Besonders krank
Von Guido Tartarotti
Ich bin ja Hypochonder, und ich bin es gern. Es ist ein schönes Hobby, man hat viel zu tun und bildet sich dabei weiter. Ständig läuft man hinüber zum Thalia und schlägt im Pschyrembel nach, was es Neues auf der Speisekarte der Krankheiten gibt. Mit der Hypochondrie ist es ähnlich wie mit den Flugangst (die ich natürlich auch praktiziere). Einerseits ist sie ein Ausdruck von Eitelkeit. Man hält sich selbst für so besonders, dass einem auch eine außergewöhnliche Todesart zusteht (wie z. B. BSE oder Flugzeugabsturz). Und andererseits ist sie eine Art Lebensversicherung. Flugängstliche stürzen nie ab, und Hypochonder sterben meist im Alter von 104 Jahren an purem Lebensüberdruss, aber nie an Leishmaniose. Ich begann meine Hypochonderkarriere schon in der Kindheit. Dank meiner Großmutter fand ich beste Trainingsbedingungen vor. Meine Großmutter war Ärztin, und jeden Samstag, wenn sie uns besuchte, schwelgte sie in Krankheitsgeschichten. So lernte ich schon früh, welche Symptome auf tödliche Erkrankungen hinweisen - und diese Symptome bei mir zu erkennen. Als Kind fürchtete ich mich vor allem vor Tollwut und Zuckerkrankheit, als Jugendlicher vor ausgefallenen Krebsarten. Später lernte ich dann, mich auf exotische Leiden zu verlegen und mich so mit dem Flair des Besonderen zu umgeben. Derzeit haben es mir vor allem die Stinknase und der Penisfisch angetan - wunderbare Dinge, um sich vor ihnen zu fürchten.
Ein Freund riet mir, das Internet zu betreten und dort Gleichgesinnte zu finden. Aber das war eine Enttäuschung – lauter hysterische Spinner und Neurotiker, die nur von sich und ihren eingebildeten Krankheiten faseln. Habe ich Ihnen eigentlich schon erzählt, wie ich einmal einen verdächtigen lila Fleck auf meiner Zehe fand? Ich wusste gleich, diesmal ist es was Ernstes . . .