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über LEBEN: André Hellers Schutzbedürftigkeit

Der Erstkontakt mit dem Außerirdischen namens " André Heller" findet meistens in seinen Repräsentationsräumen statt. Und wenn man dort sitzt zwischen all den Picassos, Warhols, Nitschs und afrikanischen Masken, eine Tasse Vanilletee in der Hand, während André Heller und sein Charisma in einem ungefähr 20 Quadratmeter großen Sofa gerade noch so Platz finden, dann kann man gar nicht anders, als sich sehr eingeschüchtert zu fühlen. Zumal, wenn Heller das Interview gleich selber mit einer Frage eröffnet: "Warum sind Sie Journalist geworden – ich spüre, dass Sie eigentlich Künstler sind?" Wenn man Heller öfter getroffen hat, begreift man, dass diese ganze pompöse Inszenierung weniger der Eitelkeit dient, als seiner Schutzbedürftigkeit. All diese Requisiten helfen ihm, "der beste André-Heller-Darsteller der Welt" zu sein, wie er sich selbst einmal sarkastisch beschrieb. Dahinter verbirgt sich eine sehr verwundbare Seele. Daran musste ich denken, als Heller unlängst in der Albertina einen Saal mit seinem Ego und seinen spontan aus Luft gebauten Weisheiten füllte. Es war die Präsentation seiner Biografie, und an einem gewissen Punkt des Abends wurde man das Gefühl nicht los: Gleich wird Heller eine Runde übers Wasser gehen. André Heller hat mir einmal zwei sehr schöne Dinge gesagt. "Seien Sie gut zu dem Kind, das Sie sind." – "Sie dürfen so sein, wie Sie sind, lassen Sie sich das von niemandem ausreden." Und einmal hat er mir ein Angebot gemacht, das zu großzügig war, um es anzunehmen, und das gerade deshalb meiner Eitelkeit doppelt schmeichelte – ich konnte mich zuerst großartig und dann großartig bescheiden fühlen. In fünf Tagen wird André Heller 65. Alles Liebe, Herr Heller. Auch Sie dürfen so sein, wie Sie sind. Lassen Sie sich das von niemandem ausreden. Schön, dass es Sie gibt.

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