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Ich bin total süß

Manchmal macht die Dogge Sachen, die mich verblüffen (ich glaube, sie selber eh auch). Unlängst nehme ich sie auf den Dachboden mit, zum Wäscheaufhängen. Nicht, dass die Dogge dabei sehr hilfreich wäre, sie rast halt über den Dachboden und passt auf, dass ich beim Wäscheaufhängen nicht von bösen Männern, Katzen oder Speiseresten überfallen werde. Ich nehm sie mit, damit sie dabei sein kann (ich glaube, das ist das stärkste Bedürfnis von Hunden – dabei zu sein).

Gut, wir kommen auf dem Dachboden an, verlassen den Aufzug – und die Dogge beginnt, ohne eine Sekunde zu zögern, das Stiegenhaus bergab zu rennen. Ich rufe ihr scharf nach „Ivy, HIER!“, sehe aber nur noch ihre Staubwolke und höre drei Stockwerke tiefer eine freundliche Frauenstimme rufen: „Ja was willst denn du da?“ Ich renne ebenfalls die Stiege hinunter, die nasse Wäsche unterm Arm (ich bin seit 15 Jahren zu blöd, mir einen Wäschekorb zu kaufen) und werde von einer gut aufgelegten Dame begrüßt. Lachend sagt sie in jugoslawischer Sprachfärbung (ich bitte alle exjugoslawischen Nationen um Verzeihung, ich kann es nicht besser zuordnen): „Suchst du Chund? Sitzta bei meine Sohn auf die Couch.“

Die Dogge macht sowas öfter – geht fremden Menschen zu, steigt in fremde Autos ein, läuft in fremde Häuser. Sie war ein Tierasyl-Hund – und manchmal habe ich den Eindruck, sie versichert sich, dass sie überall willkommen wäre, falls sie ein Ausweichquartier brauchen sollte: Hallo, ich bin die Bulldogge Ivy, und ich bin total süß! Und erstaunlicher Weise geht das  immer rein.

Aber auch ich weiß jetzt: Sollte ich je Asyl brauchen, kann ich bei der netten Nachbarin im vierten Stock läuten und sagen: Hallo, ich bin das Herrchen von Bulldogge Ivy, und ich bin total süß.

 

Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 13. April in Forchtenstein, am 22. April in der Kulisse Wien und am 26. April im Theater am Alsergrund zu sehen.