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Freundschaften

Wie konnte ich einen, den ich mag, von der Freundesliste streichen?

Michael Fleischhacker
über Freundschaft

Jetzt hab ich wieder einen von meiner Freundesliste gestrichen. Nö, nicht auf Facebook, da ist der, glaub ich, nicht. Hat schon ein Problem mit wirklichen Räumen, weil die in der Regel nicht groß genug sind – für ihn, noch ein paar und sein Ego. Im engen Cyberspace mit den vielen Egos auf einem einzigen Bildschirm würde er subito kollabieren. Und das würde ich nicht wollen. Denn ich mag ihn. Und da frage ich mich natürlich, was das überhaupt ist, ein Freund. Wie konnte ich einen, den ich mag, von der Freundesliste streichen? Wann beginnt Freundschaft, wann hört sie auf? Zunächst mache ich, was alle machen, die eine Frage haben: Ich besuche die digitale Dauerausstellung des Weltgeistes. Und wirklich, Wikipedia hat da was: Ein gewisser Herb Goldberg ist mit einer dreiphasigen Beschreibung der Kameradschaft hervorgetreten, an deren Ende – nach der Nutzfreundschaft und der Zweckfreundschaft – die Freundschaft steht, die wahre sozusagen, die nicht wanken soll. Kennzeichen: Freunden ist es in ihrer Beziehung nicht mehr wichtig, ob sie selbst Gewinner oder Verlierer sind, Überlegenheit spielt keine Rolle mehr.Daher kommt wohl auch der Ratschlag, mit Freunden keine Geschäfte zu machen. Vielleicht sind deshalb auch Freundschaften innerhalb von Unternehmen so schwierig. Das Oben und Unten und seine Umkehrungen und Umdrehungen verlieren nur in sehr seltenen Ausnahmefällen ihre Bedeutung. Wenn diese Ausnahmefälle dann auch noch einen Swimmingpool haben, ist das natürlich in dieser Jahreszeit besonders super.Ich glaube, dass Freundschaften davon leben, dass man manche Eigenschaften des Freundes unbedingt auch haben möchte, ohne je auf die Idee zu kommen, ihn dafür zu beneiden. Freunde sind dazu da, uns zu zeigen, wer wir noch werden können.