Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Zu alt zum Sterben

Am Freitag verabschiedet sich Österreichs ältester Klub vom Profi-Fußball

Wolfgang Winheim
über die Vienna

In globalisierten Zeiten wie diesen, in denen allein das kommende Wochenende einen TV-Blick zur Formel 1 nach Monaco und zum Champions-League-Finale nach Lissabon ermöglicht, fällt es immer schwerer, Öffentlichkeit und Sponsoren für nationalen Sport zu begeistern. Trotzdem oder gerade deshalb sei hiermit angekündigt: Morgen, Freitag, verabschiedet sich Österreichs ältester Klub vom Profi-Fußball.

13 Wochen vor ihrem 120. Geburtstag bestreitet die Vienna gegen Hartberg ihr letztes Spiel in der Bundesliga II. Rund 1500 Anhänger planen ein Nostalgie-Treff. Noch will niemand von einer schönen Leich reden. Die Regionalliga Ost soll für die betagte Vienna ab August vielmehr Sanatorium (zur wirtschaftlichen Gesundung) und nicht bloß Altersheim ohne Rückkehrchance sein.

In der Regionalliga Ost können die Spieler Halbtags-Jobs nachgehen. Eine Spielklasse drüber ist das kaum möglich. Weshalb der finanzielle Absturz in dieser zweiten Leistungsstufe für die (hinter Rapid, Austria) dritte Wiener Kraft, gleichgültig ob sie Vienna oder Sportklub heißt, stets vorprogrammiert war.

Für 28. Mai, dem Tag der Vienna-Generalversammlung, ist Sturmwarnung ang’sagt auf der Hohen Warte. Dort ist bekanntlich nicht nur die Zentralanstalt für Metrologie sondern auch die Vienna beheimatet. Dort stürmten in der Zwischenkriegszeit bis zu 90.000 Leut bei Länderspielen Europas größte Naturarena. Daher ist es nur legitim, wenn die Initiative "Pro Heiligenstadt" fordert, dass die Hohe Warte zum Weltkulturerbe ernannt und damit nie, wie befürchtet, zubetoniert werden kann.

Ohne Gemeindehilfe aber kann die Vienna die Pflege des Riesenareals allein nicht bewältigen. So wie es auch ohne Sponsoren nicht mehr möglich ist, einen Nachwuchsbetrieb im großen Stil aufrechtzuerhalten. Mehr als 200 Buben und Mädchen rennen täglich in blau-gelben Dressen dem Ball nach. Vienna erfüllt somit auch sozialpolitischen Aufgaben. Daher kann der Appell nur lauten: Trotz aller Altlasten – lasst Österreichs ältesten Klub nicht untergehen.