Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Von einem Extrem ins andere

Bisher verdiente Fenninger ähnlich viel wie einige wenige Top-Profis der österreichischen Fußball-Bundesliga

Wolfgang Winheim
über Anna Fenninger

"Ist es mit Österreich bald aus, Herr Knauß?", lautete in der WM-Anfangsphase im Schweizer Blick eine Online-Schlagzeile, die der ORF-Tausendsassa offensichtlich gar nicht so unberechtigt fand, sagte er doch: "Unsere Fahrer sind nicht mehr hungrig." Das Interview fand nach der Abfahrt statt, in der es kein Österreicher unter die Top Ten schaffte, während der Schweizer Skihimmel dank Patrick Küng und Beat Feuz voller Geiger hing. Inzwischen fahren die die Eidgenossen zur Abwechslung wieder mit ihren Skistars Schlitten, weil sich im Riesenslalom ein Riesenloch auftut.

ÖSV-Sportdirektor Hans Pum kennt, von seiner 38-jähriger Berufserfahrung profitierend, dieses Wechselbad der Gefühle länger als alle anderen Trainer. Und seit er seinen 60. Geburtstag meditierend bei Mönchen im Himalaja verbrachte, spielt er die Rolle eines Beschwichtigungshofrats noch gelassener (und erfolgreicher).

Ungeachtet der von resultatbezogenem Denken dominierten Stimmungsschwankungen bringt die WM Erkenntnisse, die nicht nur bei einem Rennen Gültigkeit haben:

a) Der Allrounder, der in allen Bewerben spitze sein kann, hat im Gegensatz zu den Damen (Tina Maze) ausgedient.

b) Die alpine Basis-Disziplin, der Riesenslalom, hat sich aufgrund der Materialreform (schmälere Skier mit größerem Radius) dermaßen verändert, dass sich von den Speed-Spezialisten nur noch Carlo Janka, Aksel Lund Svindal und Kjetil Jansrud unter den Top 30 halten konnten, wobei Letzterer im gestrigen WM-Riesenslalom gar nicht mehr startete.

c) Heimnach- statt Heimvorteil: Wie schon in Vancouver ( Olympia 2010), Garmisch (WM 2011) und Schladming (WM 2013) konnten die meisten Starter der Gastgeber den Erwartungsdruck nicht verkraften. Anders als im Fußball brillieren die Auswärtsteams: In Schladming waren die USA die beste Nation, in Colorado wird es Österreich sein.

d) Die Salzburger 89er erweisen sich nicht erst seit dieser WM als goldener Jahrgang. Marcel Hirscher wird am 2. März, Anna Fenninger am 18. Juni 26 Jahre alt.

Nach den jüngsten Erfolgen der (für Skibegriffe) immer noch jungen Champions wird Medien die Frage beschäftigen, wie Marcel und Anna ihr Gold versilbern. Beide sind Giebelkreuz-Werbeträger. Während Hirscher mit Raiffeisen ein Abkommen hat, das ihm auch Werbung für Red Bull und Audi gestattet, ist die Sponsor-Zukunft Fenningers noch nicht geklärt. Ihr Vertrag endet heuer.

Bisher verdiente Fenninger ähnlich viel wie einige wenige Top-Profis der österreichischen Fußball-Bundesliga. Annas deutscher Manager legt, wie aus ÖSV-Kreisen durchsickert, bei den Verhandlungen inzwischen deutsche Maßstäbe an.

Ehe konkrete Zahlen bekannt werden, sollte die Neidgenossenschaft wissen: Bis ein Skitalent (wenn überhaupt) an den Futtertrog gelangt, müssen seine Eltern jährlich ca.10.000 Euro in seine mögliche Karriere investieren. In den USA sind gar 45.000 Euro erforderlich. Der Skirennlauf droht zum Wettbewerb für Reiche zu werden.