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Trainerleiden

Sein Triumph mit dem nunmehrigen Rapid-Gegner PAOK Saloniki liegt 27 Jahre zurück. Trotzdem ist Walter Skocik der letzte österreichische Trainer, der einen ausländischen Erstligisten in Europa zum Meister machte. Zugleich ist er einer der Letzten, der kein Handy besitzt.

Viele von Skociks Berufskollegen sind rund um die Uhr elektronisch erreichbar. Und dennoch in einer Endlos-Warteschleife. Es gibt 3934 beim ÖFB registrierte Trainer-Lizenzbesitzer und 2256 Klubs, von denen freilich kaum ein Viertel über genug seriöse Potenz für eine finanzielle Gegenleistung verfügt.

Auch in den Nachbarländern ist das Angebot längst größer als die Nachfrage. Mit Ausnahme des ehemaligen Team- , Austria- bzw GAK-Stürmers Ralph Hasenhüttl, unter dessen bemerkenswerter Regie Außenseiter Aalen heuer in die zweite deutsche Bundesliga aufstieg, sitzt kein österreichischer Trainerlegionär im EU-Ausland mehr am Futtertrog.

Als sich Alfred Riedl und Josef Hickersberger in den 90er-Jahren auf Abenteuer in Ägypten und den Golfstaaten einließen, schüttelten Promi-Kollegen über die beiden Ex-Teamchefs den Kopf. Inzwischen lacht niemand mehr. Inzwischen würde so manch A-Lizenztrainer aus Dankbarkeit Kerzen in einer Kirche anzünden, bekäme er in einem Moscheenland einen Job.

Abu-Dhabi-Heimkehrer Hickersberger kann es sich indes leisten, ein Millionen-Offert aus dem Iran zu ignorieren und gelassen auf den SOS-Ruf eines Scheichs warten, zumal Sir Pepi am Golf das Image eines Meistermachers genießt.

Alfred Riedl fliegt am Montag ins größte moslemische (240 Millionen Einwohner zählende) Land der Welt, wo sie ihn schon einmal zu Indonesiens Trainer des Jahres wählten und der Niederösterreicher nun erneut Teamchef werden soll. Der Haken: In Indonesien ringen zwei verfeindete Verbände um die Macht. Erst im September wird die FIFA entscheiden, ob Riedls, von einem Milliardär angeführte Gruppe oder eine politisch motivierte "wilde Meisterschaft" den Vorzug erhält.

In die offizielle Liga, aus der Riedl per Internet einen 28-Mann-Teamkader nominiert hat, soll ein Landsmann Riedls als Klubtrainer zurückkehren: Der Erstligist Balik Papan bemüht sich um ein Comeback von Hans Peter Schaller auf der Insel Borneo.

Hierzulande ähnlich unbemerkt wie der Steirer Schaller auf Borneo hat sich der ehemalige Rapid-Nachwuchsspieler Michael van Muysen, 40, an der Westküste von Costa Rica einen Namen gemacht und den Amateurklub FC Nosara nach einer Heimspiel-Siegesserie auf der "Finca Austria" in die zweite Profi-Liga gebracht.

Helmut Kronjäger hingegen kann einem Ruf aus dem Südpazifik vorerst nicht folgen und aus gesundheitlichen Gründen kein zweites Mal Entwicklungshelfer auf den Salomonen spielen. Aufgeschoben ist hoffentlich nicht aufgehoben.

Der ÖFB-Auswahltrainer wurde wenige Woche nachdem er seine zehnjährige Tätigkeit als steirischer Nachwuchschef beendet hatte, mit einer üblen Diagnose konfrontiert. Doch Kronjäger versteht zu kämpfen. Auch sollten ihn Beispiele aus der eigenen Branche motivieren.

So hat Österreichs neuer U-21-Teamchef Werner Gregoritsch (54) alte Erinnerungen an Chemos längst verdrängt und zuerst Mattersburg plus später Kapfenberg mit einer g’sunden Portion Leidenschaft in die erste Bundesliga geführt.

Auch Walter Skocik, dessen blendendes Aussehen sich seit Saloniki 1985 kaum verändert hat, war nicht immer so gesund wie jetzt mit 72.