Talentierte Damen und gehirnamputierte Deppen
Von Wolfgang Winheim
Die österreichischen Fußball-Mädchen siegten soeben in einem freundschaftlichen Unter-17-Länderspiel gegen Deutschland mit 1:0. Das ist in Anbetracht der Ausgangslage fast so, als würde ein Afrikaner Tiroler Slalom-Meister werden. Vor 20 Jahren hätten österreichische Kickerinnen, gleichgültig, ob im Teenager- oder Erwachsenenbereich, mit zehn bis 20 Toren Unterschied verloren. Inzwischen ist Damen-Fußball mehr als nur Hausfrauensport. In St. Pölten ist sogar eine Akademie entstanden. Und beim Damen-EM-Qualifikationsspiel gegen Dänemark werden dort am 15. September 5000 Neugierige erwartet. Der Österreichische Fußball-Bund macht sich erst in diesem Jahrtausend für das schwache Geschlecht stark. Wie überall in Europa forcieren die Herren den Damenkick aber nicht allein aus Liebe, sondern mit Hintergedanken: Je mehr Madln dem Ball nachrennen, desto größer ist die Chance, dass sie später als Zuschauerinnen dem Männer-Fußball erhalten bleiben. "Bring Your Family" lautete die Devise, die nur von disziplinlosen Fanatikern immer wieder durchkreuzt wird. Denen hat soeben ein Vereinspräsident mit noch nie da gewesener Deutlichkeit eine verbale Abreibung verpasst. "Ein Teil unserer Fans sind nur noch A....löcher", sagt Hannovers Präsident Martin Kind, empört darüber, dass der österreichische Teamverteidiger Emanuel Pogatetz am Sonntag wüst beschimpft wurde. Kinds Reaktion ist bemerkenswert, zumal Pogatetz Hannover 96 Richtung Wolfsburg verlassen hatte und Chefs (nicht nur im Fußball) Abgewanderte normalerweise sofort völlig wurscht werden. Die Aktion des Hannover-Präsidenten erfordert aber auch viel Mut, gibt es doch in der Fankurve der Niedersachsen eine Gruppe von 250 Leuten, denen jeder Revancheakt zuzutrauen ist und die neuerdings Bilder des Massenmörders Fritz Haarmann ins Stadion schleppen. Wie gehirnamputiert müssen Menschen sein, wenn sie einen, der in der Zwischenkriegszeit 24 Personen umgebracht hatte, zu ihrer Kultfigur erklären? Wollten die Deppen nur öffentliche Aufmerksamkeit erreichen – dann ist es ihnen freilich gelungen. Deutsche Boulevardmedien berichteten ganzseitig. Das Unter-17-Mädchen-Länderspiel indes war ihnen nicht einmal eine Notiz wert. Daher nochmals: Österreich – Deutschland 1:0. Tor: Nicole Billa (Tirol).