Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Von Champions, einem Schnorrer und Ignoranten

Ginge es nach den Rennläufern, würde überhaupt nur noch am Abend Slalom gefahren werden.

Wolfgang Winheim
über Skisport in der Prime-Time

A Slalom als Nightrace? Na dann guate Nacht." Der Schladminger OK-Chef Hans Grogl, ein ehemaliger Lehrer, hat nicht vergessen, wie ihm seine steirischen Landsleute das Wochentagsrennen unter Flutlicht ausreden wollten. Jedoch: Aus dem Experiment, bei dem anfänglich noch mit 35 Zentimeter längeren Skiern um die Tore gekurvt wurde, ist der Saisonhöhepunkt für Kurzski-Akrobaten geworden.

Ginge es nach den Rennläufern, würde überhaupt nur noch am Abend Slalom gefahren werden. Doch es geht nach dem Fernsehen. Deshalb wird, weil außerhalb Österreichs nur der Fußball in die Prime-Time rutschen darf, nur zwei Mal im Winter bei den Weltcup-Herren ein Sieger nach 21 Uhr gekürt: Vor Weihnachten in Madonna und im Jänner immer zwei Tage nach Kitzbühel in Schladming.

Obwohl der ORF schon am Hahnenkamm mit Einschaltziffern von mehr als 1,3 Millionen prahlen durfte, könnte beim 20. Night-Race diese Top-Quote noch übertroffen werden. Was deutschen TV-Machern freilich wenig imponiert. Im Gegensatz zum Bayern-TV wird das bestbesuchte Slalomspektakel alle Jahre wieder von ARD und ZDF ignoriert. Allein schon aus Schadenfreude würde es die internationale Skifamilie den öffentlich-rechtlichen Sendern jenseits des Weißwurstäquators gönnen, dass sie einen deutschen Sieg versäumen. Der ist freilich bisher noch nie passiert.

Grogl verschickte an alle bisherigen Nightrace-Sieger Einladungen, um sie anlässlich des Jubiläums zu ehren:

Der Norweger Henrik Kristoffersen kommt, gecoacht vom Steirer Christian Mitter, als Vorjahressieger.

Der Russe Alexander Choroschilow kommt, zumal ebenfalls häufig bei der Ramsauer Familie Mitter zu Gast, als zweiter heimlicher Lokalmatador.

Marcel Hirscher kommt als Weltcup-Spitzenreiter.

Jean-Baptiste Grange kommt als regierender Slalom-Weltmeister.

Reinfried Herbst kommt als neuer Chefkoordinator des Polizeisportverbandes.

Benjamin Raich kommt als ORF-Analytiker.

Mario Matt kommt daumendrückend für Bruder Michael vom Arlberg.

Manfred Pranger kommt als "Trainer" von zehn Radio-Hörern, die sich Mittwochfrüh bei der Ö3-Ski-Challenge über den Original-Rennkurs wagen.

Der Finne Kalle Palander, der in Estland einen Gutshof zu einem Hotel umbauen ließ, kommt als vierfacher Vater.

Bode Miller, der auch schon vier Kinder hat und 2018 als 40-Jähriger in der Olympia-Abfahrt starten will, kommt – wenn überhaupt – im letzten Moment.

Alberto Tomba ist von Beruf Alberto Tomba. Allein die Anwesenheit des 50-Jährigen hat seinen Preis. Grogl sagt grazie. Also kommt Tomba gar nicht.