Tagebuch: Mit Rat und Tat
Von Wolfgang Winheim
Der Finne Kalle Palander, der sich beim Gletscher-Auftakt in Sölden einen Kreuzbandriss zugezogen hat, ist das bisher einzige Opfer: In seither 22 Rennen blieb der Weltcup unfallfrei. Und das, obwohl erst im nächsten Winter auf schmäleren, längeren (und angeblich weniger gefährlicheren) Skiern gefahren wird.Vielleicht waren die Pisten zuletzt nicht so brutal eisig präpariert wie in der letzten (Harakiri-)Saison. Vielleicht beginnt bei den Fahrern das Hirn über die Risikofreude zu dominieren.Vielleicht haben Athletensprecher Kilian Albrecht, obwohl die FIS den Ski-Akademiker hasst wie der Teufel das Weihwasser, und sein Freund Bode Miller, der die Absage des ersten Abfahrtstrainings in Beaver Creek erzwungen hat, etwas bewirkt.Die Sturzquote ist bei Damen wie Herren bisher sensationell niedrig. Doch man sollte das Ski-Jahr nicht vor dem letzten Rennen loben. Die steile Piste Stelvio in Bormio, auf der am Donnerstag abgefahren wird, gilt Ende Dezember ("flaches Licht") als extrem heikel.Daher ist es gut und mehr als nur Augenauswischerei, wenn Renn-Rentner Michael Walchhofer, der im Vorjahr in Bormio gesiegt hat, ab sofort das österreichische Trainerteam bei Abfahrten in beratender Funktion verstärkt.Anders als im Fußball, wo manche Altstars als gut honorierte Konsulenten allein ihre Anwesenheit für Arbeit halten, können Walchhofers Tipps für unerfahrene ÖSV-Abfahrer lebensrettend sein, wenn er mit ihnen die Rennstrecke abrutscht. Denn anders als früher haben Debütanten nicht bei vier, fünf Läufen, sondern oft nur in einer einzigen Trainingsfahrt die Möglichkeit, die heiklen Passagen kennenzulernen.Obwohl auch die Trainer die Skier genial beherrschen, genießen Ex-Rennfahrer bei der aktuellen Generation mehr Glaubwürdigkeit. Vorausgesetzt, sie haben ihre Karriere – wie Walchhofer – gerade erst beendet.Wer vor 30 Jahren Medaillen erobert hat, wird dagegen kaum noch ernst genommen. Anderes Material, andere Pistenbeschaffenheit, anderer Stil, andere Zeiten!Vor alten Helden hat die Jugend noch weniger Respekt als vor neuen Rennstrecken.