Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Die Maden im olympischen Speck

Das Internationale Olympische Komitee hat sich endgültig als gefühlskalt und profitgierig demaskiert.

Wolfgang Winheim
über IOC

Medaillenhoffnungen verkamen zu Blechvögeln am 13. Olympia-Tag.

Nur Platz vier für die Snowboarderin Ina Meschik.

Nur Platz vier für Marcel Hirscher, der davor in Weltcup- Riesentorläufen stets aufs Podest gefahren war.

Zwar gelang Matthias Mayer, dem Olympiasieger in der Abfahrt, mit Platz sechs eine Riesenüberraschung. Aber die wird in ein paar Tagen genauso vergessen sein wie das ehrenhafte Abschneiden des bald 36-jährigen Benjamin Raich (Rang 7) in seinem allerletzten olympischen Riesentorlauf.

Im Slalom am Samstag gilt Raich nur noch als Außenseiter. Und seit gestern zweifelt selbst Slalom-Weltmeister Hirscher, ob er unter russischem Flutlicht glänzen kann.

Hirscher hat die rosarote Brille abgelegt.

Trotzdem ist es deplatziert, wenn jetzt auf Sportseiten mit Worten wie Drama, Tragödie und Katastrophe herumgeworfen wird. Ein besorgter Blick 700 Kilometer ostwärts sollte reichen, um zu relativieren.

Die Ukraine gleicht einem Pulverfass. 23 Menschen sind allein in der vergangenen Nacht bei Krawallen ums Leben gekommen.

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Die ukrainischen Olympiasportler in Sotschi sind beunruhigt, betroffen, bestürzt. Und ihr Top-Funktionär, der Stabhoch-WeltrekordlerSergej Bubka, hat beim IOC angefragt, ob die 43 ukrainischen Athleten im Olympia-Finish Trauerschleifen tragen dürfen.

Bubkas Ansuchen wurde abgeschmettert, nachdem die Moralhüter des Olympischen Komitees schon in der Vorwoche die norwegische Langläuferin Astrid Jacobsen wegen Tragens eines Trauerflors im Gedenken an ihren (am Eröffnungstag) verstorbenen Bruder schriftlich gerügt hatten.

Den Kanadierinnen wiederum wurde untersagt, mit einem Sticker am Helm an ihre tödlich verunglückte Freestyle-Teamkollegin Sarah Burke zu erinnern.

Begründung von IOC-Sprecher Mark Adams: Olympia habe ein Fest der Freude zu sein. In Wahrheit veranstalten die Sittenwächter des IOC ein vom Doppelmoral dominiertes Trauerspiel. Alles muss sauber und befreit von Accessoires ein, die von Werbung und Logos der IOC-Sponsoren ablenken könnten. Wobei es längst nicht, wie zu Karl Schranz’ Zeiten, um die Wahrung des Amateurgedankens, sondern nur noch um die Milliardengewinne für das IOC geht.

In Sotschi hat sich das IOC als eine Vereinigung profit - und machtgieriger Menschen demaskiert, die gefühlskalt die Kehrseite der Medaille aufzeigen. Wobei es sich mehrheitlich nicht um die ach so bösen Russen, sondern um Herren aus dem edlen Westen handelt. Im Bewerb Wettheucheln haben sie Platz 1 verdient.