Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Der Ton macht die Musik

Olympia erregt mehr Aufsehen, als Putin und linientreuen IOC-Bonzen lieb ist.

Wolfgang Winheim
über Pussy-Riot

Die Gerechtigkeit siegt. So umstritten die äußeren Umstände beim Damen-Riesenslalom auch gewesen sein mögen – die Riesen-Sensation blieb aus. Im Nebel von Rosa Chutor schien für Top-Läuferinnen die Sonne. Für die slowenische Gesamtweltcupsiegerin Tina Maze, für Salzburgs Gold-Anna F., die diesmal Silber eroberte, und für die deutsche Olympiasiegerin (2010) Viktoria Rebensburg.

Geschlagene weinten mit dem grauen Himmel um die Wette. Haderten mit dem Wetter. Mit der weichen Piste. Letztere erwies sich für die für Thailand gestartete Stargeigerin Vanessa Mae als Segen.Wäre unter Weltcup-üblichen Bedingungen gefahren worden wie sonst in Nordamerika oder in den Alpen, wo die FIS-Renndirektoren gern vereisen lassen, hätte es für die mutige Musikerin ein Olympia-Ende in Moll gegeben. So aber betrug ihr Rückstand nur 50 Sekunden.

Jeder der (großteils österreichischen) Trainer und Serviceleute wäre schneller gewesen. Der internationalen Medien-Meute, die ohnehin nicht viel anfangen kann mit Schnee, war’s egal. Noch mehr Mikrofone wurden am zwölften Olympiatag, nein, nicht Maze oder Fenninger, sondern dem Anwalt der Punkrockband Pussy-Riot entgegengestreckt.

Die russischen Aktivistinnen waren bekanntlich wegen eines Putin-kritischen Liedes in einem Straflager gelandet und erst sechs Wochen vor Olympia freigelassen worden. Am Wochenende tauchten sie in Sotschi auf, besuchten Wettbewerbe, worauf es hieß, sie würden auf olympischem Gelände einen Song mit dem Titel "Putin lehrt euch die Liebe zum Vaterland " planen.

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Die vaterländische Liebe gegenüber den aufmüpfigen jungen Damen erwies sich als enden wollend.Nadeschda Tolokonnikowaund ihre BandkolleginMaria Alechinawurden wie sieben weitere Aktivisten für zehn Stunden festgenommen. Man habe sie des Raubes beschuldigt. Dabei, twitterte Tolokonnikowa, sei man zur Zeit der Festnahme "nur einfach durch Sotschi gelaufen".

Mit der Aktion gegen die Punkband wurde erreicht, was Regierung und die auf Linientreue eingeschwenkten IOC-Bonzen vermeiden wollten. Dass auf Schwächen lauernde westliche Medien anprangern können, dass nicht alles Gold ist, was im potemkinschen Sotschi wie Medaillen glänzt.

Die Gerechtigkeit hat einen Teilerfolg gefeiert.