Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Abschied ohne Tränen

Matt gilt als der emotionsloseste und nervenstärkste Rennfahrer des neuen Jahrtausends.

Wolfgang Winheim
über Mario Matt

Wenn Ski-Präsident Peter Schröcksnadel zur Pressekonferenz mit einem Olympiasieger lädt und der ORF direkt überträgt, dann bedarf es keiner hellseherischen Qualitäten, um für heute einen Rücktritt zu prophezeien. Und wenn es sich um Mario Matt handelt, dann können vom Rennmüden keine Tränen erwartet werden, wie sie die Ski-Familie bei den Abschiedsreden von Hermann Maier oder Marlies Schild erlebt hat. Matt gilt als der emotionsloseste und nervenstärkste Rennfahrer des neuen Jahrtausends. Und damit für jugendliche Fans als ur-mega-cool.

Der Arlberger konnte sich gnadenlos auf das Ziel und allein auf seine Interessen fokussieren. Andernfalls wär’s kaum möglich gewesen, 2001, 2007 und 2014 jeweils Gold im größten alpinen Nervenkrimi, im Slalom, zu erobern. Von seiner Athletik her hätte Matt auch Abfahrer sein können. Und Anwärter auf den Gesamtweltcup.

Matt wechselte mehrmals die Ski-Marke. Seine Serviceleute schwankten zwischen Frust und Bewunderung. Gegenüber Jung-Reportern, die ihm unwichtig schienen, war der Pferdezüchter meist nicht einmal von zehn Rössern zu einer Wortspende zu bewegen. Immerhin kehrte er vorm ORF-Mikro nie den Muffel hervor. Die Entertainer-Rolle aber haben schon vor Matts Karrierefinish Marcel Hirscher und Felix Neureuther übernommen.

Neureuther nannte soeben Hirscher im deutschen TV einen "Segen für den Skisport". Eine Würdigung, die umgekehrt auch dem pfiffigen Bayern zusteht.

Dank eines Sky-Films, der Neureuther beim Buckelpistenfahren mit dem FC-Bayern-Star Bastian Schweinsteiger zeigt, können sogar Skeptiker glauben, dass der Fußball-Weltmeister einst tatsächlich Freund Felix in einem Jugendrennen besiegt hat. Andererseits gewann Neureuther soeben während einer Live-Sendung eine Wette gegen Schweinsteiger, indem es dem Slalomartisten gelang, den Ball mit 100 Kontakten ohne Unterbrechung in der Luft zu halten. Für dieses Kunststück, das hierzulande Gaberln genannt wird, braucht so manch Unterligakicker ein halbes Flugfeld.