Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Reizwort Deutschland

Möge heute nicht allein der glückliche, sondern vor allem der bessere FC Multikulti das EU-Viertelfinale in Rio gewinnen.

Wolfgang Winheim
über österreichische Deutschland-Fans

Deutsche WM-Stars sind verschnupft. Daran sind nicht nur die Klimaanlagen, sondern vor allem mediale Untergriffe schuld. Französische Nationalspieler reden über ihre deutschen Gegner mit mehr Respekt als deutsche Journalisten. Und in Österreich? Hierzulande löst ohnehin jeder zweite Satz über Fußball-Germanien eine Online-Flut an konträren Meinungen aus.

Als der FC Bayern im Mai von Real Madrid gedemütigt wurde, jubelten im Lokal gegenüber dem Wiener Hanappi-Stadion zig TV-Zeugen bei jedem spanischen Tor auf. In Westösterreich waren die Reaktionen umgekehrt. Aber vermutlich ist die (auf einer Umfrage basierende) Vermutung der größten deutschen Nachrichtenagentur nicht falsch, wonach es in der Alpenrepublik zu einem Sinneswandel gekommen sei. Mehr Österreicher als früher, meldet die dpa, drücken heute Deutschland die Daumen. Was nicht nur daran liegt, dass jetzt mehr Deutsche (165.000) in Österreich leben, sondern auch daran, dass mehr Deutsche als früher kreativen Fußball zeigen. "Aber auch nur, weil sich die Piefke mit türkischen, afrikanischen und polnischen Federn schmücken", pflegen notorische Deutschland-Kritiker zu sagen. Nur: Ohne Migranten wäre Frankreich gar nicht erst in WM-Nähe gekommen. Daher kann der neutrale unverfängliche Wunsch nur lauten: Möge heute nicht allein der glückliche, sondern vor allem der bessere FC Multikulti das EU-Viertelfinale in Rio gewinnen.