Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Kehrseite ohne Medaille

Nachdem zwei Wochen lang brave, aber überforderte Olympia-Athleten zu den Dodeln der Nation gestempelt wurden, kehren wieder jene, die Häme mehr gewohnt sind, ins Rampenlicht zurück: Die Fußballer proben gegen die Türkei.

Gespielt wird Mittwoch im Happel-Stadion, wo zuletzt zum Aufbau anderer Bühnen gehämmert und geschraubt wurde. Tieflader haben die Leichtathletik-Anlage längst ruiniert. Aber ein Meeting in der Elementarsportart fand auf der (beim Fußballvolk so unbeliebten) Laufbahn der denkmalgeschützten Arena in diesem Jahrtausend ohnehin nicht mehr statt.

Immerhin wurde der Rasen erneuert. Musste auch so sein, malträtierten den doch am 29. Juli geduldige Fans beim Warten auf den verspäteten Topstar. 101 Euro zahlten sie für einen Stehplatz beim Konzert von Madonna. 36 kostet die teuerste Karte beim Ländermatch. Ähnlich groß ist – nicht nur in Wien – der Unterschied zwischen Kultur- und Sportbudget.

Überall genießt der Sport, wie Auslandsheimkehrer oft berichten, einen höheren Stellenwert als in Österreich.

Doch hier sollen nicht Kultur und Körperkultur auseinanderdividiert werden. Auch lässt sich kein Stadionneubau für Rapid rechtfertigen, solange es nicht einmal genügend Kindergartenplätze gibt.

Sommerspiele ohne Gold, Silber und Bronze sind keine nationale Tragödie.

Viel bedenklicher ist, ...

... dass hierzulande nur noch 30 Prozent der Jugendlichen Sport betreiben (in Schweden sind’s 60 Prozent);

... dass Schwimmer Dinko Jukic, der als die personifizierte Präpotenz gilt, mit der Kritik an unzulänglichen Trainingsbedingungen recht hat;

... dass die wenigen Erfolge (Ski ausgenommen) nicht Produkt eines Systems, sondern der Lohn für die Einzelinitiativen von ein paar Sport-Verrückten sind;

... dass kaum ehemalige Topathleten in entscheidende Gremien gelangen;

... dass die Parteifarb’ über Know-how dominiert;

... und dass dies alles schon nach Olympia 1988 angeprangert wurde.Wirkung – siehe Medaillenspiegel 2012 – gleich null.