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Karitative Kicker

Schon nach der ersten EM-Woche steht fest: Ivica Vastic bleibt (dank Elfer gegen Polen 2008 als 38-Jähriger) ältester Torschütze einer EM. Österreich bleibt (mit einem Punkt aus drei Spielen) der Schwächste aller bisherigen EM-Gastgeber.

Die Wiener Finalisten von 2008, Spanien und Deutschland, bleiben die Topfavorits 2012.

Und die gegenwärtige Endrunde, sagen Experten, ist, wird und bleibt die beste EM aller Zeiten. Denn 2016 dürfen in Frankreich 24 statt 16 Teams teilnehmen, womit ein Niveauverlust drohe. Doch wer sagt, dass kleineren Nationen, sofern ihre Legionäre in großen Ligen spielen, nicht ein ähnlicher Leistungssprung gelingt wie den Top-Ten-Ländern in den letzten Jahren. Noch nie bei einer EM waren in höchstem Tempo so viele Ballstafetten (Spanien) und Tricks zu sehen. Vertreter anderer Sportarten (speziell Leichtathleten und Skiläufer) äußern sich gern abfällig über Fußball. Spätestens seit dieser EM müssen sie schweigen. Es wäre auch unlogisch, würde gerade in jenem Sport am wenigsten trainiert, in dem am meisten kassiert werden kann. Gehälter und Transfersummen sind maßlos überzogen. Normalbürger müssen sich gehäkerlt fühlen, wenn jetzt in südeuropäischen Medien steht, dass Milan-Präsident Silvio Berlusconi bereit wäre, für Cristiano Ronaldo 200 Millionen auszugeben. Abgesehen von so einer Perversität – die 368 EM-Spieler würden sicher für ein Drittel ihrer Gehälter genauso dem Ball nachlaufen. Manche sind sich durchaus bewusst, wie gut es das Schicksal mit ihnen meint. So überwies der Holländer Dirk Kuyt einen Teil seiner Liverpool-Gage behinderten Sportlern. Und Spaniens Raúl engagiert sich im Kampf gegen den Hunger. Soeben war er in Schwarzafrika unterwegs, wo er bei 40 Grad im Vorstadtdreck stundenlang mit Kindern kickte. Solche karitative Missionen verkommen zur Randnotiz. Über jeden Disco-Streit eines Durchschnittsprofis wird mehr berichtet. Obwohl der Spanier zuletzt mit Zaubertoren die deutschen Schalke-Fans entzückte, wurde er nicht für die EM nominiert. Zu alt. Schon 2008 hatte Raúl kein EM-Leiberl mehr. Damals war er 31. Beim ÖFB würden sie so einen wie Raul auch noch als 35-Jährigen mit der Sänfte aufs Spielfeld tragen.