Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Hirscher und Afghanistan

Der Skisport droht zu einem unleistbar teuren Nobelsport zu werden.

Wolfgang Winheim
über den finanziellen Aufwand im Skisport

Mittwoch ist Ruhetag bei der WM. Auch sollte ein bissel Ruhe einkehren bei den Gastgebern nach dem 4:0-Erfolg im durchaus attraktiven Teambewerb.

Ungeachtet dessen sieht sich ÖSV-Langzeit-Sportchef Hans Pum mit einer Situation konfrontiert, die an die seinerzeitige seines Freundes Josef Hickersberger erinnert. So wie der Fußball-Teamchef der EURO 2008 muss sich auch Pum bei einem Großereignis im eigenen Land von prominentesten Insidern öffentlich sagen lassen, was falsch läuft.

Statt Fußball handelt sich eben um Ski. Und statt Legende Hans Krankl ledert Legende Hermann Maier los.

Wenn Pum sich etwas abschauen kann von Hickersberger, dann ist es die Gelassenheit, mit der Sir Josef damals auf verbale Untergriffe reagierte, ohne reif für die Nervenklinik zu werden.

Im Gegensatz zu Fußball-Trainern sind Ski-Bosse scharfe Vorwürfe aus den eigenen Reihen in dieser geharnischten Form nicht gewohnt. Vor allem, wenn sie online erfolgen und nicht als Erfindung böser Medien abgetan werden können.

Pum irritiert neben dem unmissverständlichen Ton auch der Zeitpunkt von Maiers Wortmeldung. "Mitten während der WM. Damit tut er uns keinen Gefallen. Er hätte uns vorher anrufen können. Der Hermann ist ja nicht irgendjemand."

Noch mehr sollte Pum und Oberboss Peter Schröcksnadel zu denken geben, dass Marcel Hirscher seinem einstigen Idol Maier nicht widerspricht. Und dass Rainer Schönfelder gegenüber der Kleinen Zeitung behauptet hat, Hirscher sei kein Produkt des ÖSV, sondern ein Ausnahme-Talent, das dank väterlicher Initiative in jedem anderen Land genauso Weltspitze geworden wäre. Nachsatz: "Auch in Afghanistan."

Am Faschingsende sind solche Übertreibungen erlaubt. Nüchtern betrachtet fällt auf, dass bei Schülerrennen längst nicht mehr so ein Andrang herrscht wie zu Maiers und Schönfelders Jugendzeiten.

Der Starterfelder werden kleiner, weil der finanzielle Aufwand für die Eltern zu groß ist. Rund 10.000 Euro im Jahr müssen in einen Jugendlichen für Ausrüstung, Renneinsätze und Training investiert werden.

Der Skisport droht zu einem unleistbar teuren Nobelsport zu werden. Also darf sich niemand wundern, wenn es auch die selbst ernannte Skination Nummer 1 billiger geben muss.

Ein bisserl mehr Gold müsste nach dem Teamsieg trotzdem noch drin sein, war es doch der Mister Goldfinger alias ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, der seinem Verband zu einem 38-Millionen-Budget verholfen und die "beste WM aller Zeiten" versprochen hat.