Geheim
Von Wolfgang Winheim
Die Nationalelf wird vermutlich erstmals mit elf Legionären gegen Deutschland einlaufen. Ein Großteil davon ist in Deutschland unter Vertrag. Unabhängig davon lässt der Schweizer ÖFB-Teamchef Marcel Koller mit deutscher Gründlichkeit und in Deutschland üblichem Aufwand arbeiten. Der Betreuerstab ist fast doppelt so groß wie 1998, als Österreich zum letzten Mal an einer WM teilnahm und der nunmehrige TV-Analytiker Herbert Prohaska der Teamchef war. Dessen ORF-Kollegin bedauert, dass sie für ihren heutigen Beitrag im "Sport am Sonntag" keine einzige Spielszene vom Training ("Außer Ball über die Schnur") zeigen kann, obwohl sie und ihre Kameraleute täglich in den Prater ausrückten. Auch am Freitag durfte nur beim Aufwärmen zugesehen werden. Nach 15 Minuten hatten Medienvertreter das Trainingsfeld zu verlassen. An den Zäunen rundum sind Planen angebracht, damit nur ja niemand vom Stadionbad aus kiebitzen kann. Wenn Spielern der Ball beim Stoppen drei Meter wegspringt, dann ist so eine Geheimniskrämerei absurd. Wenn es sich aber um g`standene, dem Gegner bekannte Profis handelt, dann kann ein taktischer Schachzug, dann kann ein Trick bei einer Standardsituation entscheidend sein, dann hat das Abschotten durchaus Berechtigung. Gelegentlich dient das Aussperren der Öffentlichkeit Trainern allerdings auch nur dazu zu, um sich wichtigzumachen, ihren Job genialer darzustellen, als er ist oder einfach nur um Reporter zu foppen, wie das schon bei der WM 2002 passierte. Damals marschierten im Süden Japans in Myazaki Dutzende Polizisten auf, riegelten das Trainingsfeld ab und wiesen sogar eigens aus Europa angereiste Fans ab. Wegen eines Trainings, das in Wahrheit nur aus ein bissel Fußball-Tennis, Dehn-Übungen des Tormannes Oliver K. und Rundenlaufen von Physiotherapeuten mit drei maroden Stars bestand. Das Geheimtraining konnte um zwei Yen entlarvt werden, weil sich im 22. Stock unseres Journalisten-Hotels ein Fernglas-Automat für Touristen befand. Und den hatte die genaueste aller WM-Teamleitungen übersehen. Es handelte sich um die ... deutsche.
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