Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Folgenschwerer 12. 12. 2012

Das Raketenschießen und minutenlange Einnebeln einer ganzen Arena findet ohnehin kaum noch wer lustig.

Wolfgang Winheim
über das Konzept "Stadionerlebnis"

In der spanischen Primera Division wird am (technisch) besten gespielt, in der englischen Premiere-League am härtesten gekämpft, in der deutschen Bundesliga am seriösesten gearbeitet. Längst nicht alle Fußball-Anhänger wissen das zu würdigen. Zwei, drei Niederlagen genügen, um das Volk auf die Barrikaden zu treiben in Frankfurt, Berlin, Dresden oder Köln. In Hannover haben "Fans" sogar einen Massenmörder aus der Zwischenkriegszeit zu ihrer Kultfigur erhoben.

Auch vor und in Deutschlands anderen schönen Stadien kommt es immer wieder zu hässlichen Szenen. Deshalb steigen Politik und Polizei auf die Barrikaden. Deshalb stehen die 36 Klubs der ersten und zweiten Bundesliga bei ihrem heutigen Krisengipfel vor einer folgenschweren Entscheidung:Stimmen sie den radikalen Vorschlägen der Behörden zu, toben die Fans. Lehnen die Klubs diese ab, haben sie Krach mit der Polizei, die bereits 30 Prozent ihrer Einsätze dem Fußball "verdankt".

Das Raketenschießen und minutenlange Einnebeln einer ganzen Arena findet ohnehin kaum noch wer lustig. Aber Polizei und Politik fordern auch den Einsatz von Nacktscannern und darüber hinaus ein generelles Stehplatzverbot, wie es schon in internationalen Bewerben gilt. Dass auch friedliebende Anhänger auf Stehplätze "stehen" und dass Sitzplätze speziell in kälteren Jahreszeiten einem Dünger für Hämorrhoiden gleichen, wird den Entscheidungsträgern in den geheizten VIP-Logen vermutlich egal sein.

Fans protestieren schon seit Wochen auf Spruchbändern gegen den 12. 12. Der Mittwoch kann die Fußball-Platz-Stimmungtatsächlich entscheidend verändern. Auch in Österreich. Zumal so ziemlich alles, was Fußball-Deutschland vorzeigt, irgendwann (mit Ausnahme von perfekter Infrastruktur) vom kleinen Nachbarn übernommen wird.

Auf eine Parallele würden wir gern verzichten.Wie in Deutschland wird auch hierzulande einer vernünftigen Mehrheit der Sportplatzbesuch wegen aggressiven Randgruppen verleidet.

wolfgang.winheim@kurier.at