Die Wappler-Steuer
Von Wolfgang Winheim
Sportler, die Leistung bringen, werden in unserer Gesellschaft nicht so gefeiert wie in den USA, Australien oder Großbritannien. Bei uns wird der Erfolg sehr schnell mit einer Neiddebatte begleitet." Das sagte in London soeben der ... nein, nicht der österreichische ..., sondern der deutsche Olympia-Präsident Thomas Bach.
Wer diverse Internet-Foren verfolgt, muss freilich feststellen, dass ...
... sich auch hierzulande die Begeisterung für Olympia in Grenzen hält;
... der Neid a Luder
... und die folgende, an einem Wirtshaustisch nördlich der Donau mitgelauschte, Meinung nicht nur die eines Einzelnen ist. Der Mann, geschätzte 55, geschätzte 30 Kilo Übergewicht, regte sich über die vielen österreichischen Olympia-Teilnehmer auf, die "eh nix reißen" werden. Auch viele Mail-Schreiber wussten schon eine Woche vor der Eröffnung, dass österreichische Olympia-Touristen "um unser Geld" nur ihr teures G’wandl spazieren tragen.
Die an mehr als 200 Personen ausgegebene Ausrüstung entspricht tatsächlich einem Warenwert von 800.000 Euro, aber nur zehn Prozent davon mussten dank Sponsoren vom ÖOC beigesteuert werden.
Auch stimmt es, dass von den 70 Olympia-Startern nur wenige die Chance auf eine Medaille haben. Ebenso wenige aber können damit spekulieren, dass sie wie die Tennisprofis Tamira Paszek und Jürgen Melzer vom im Sport verdienten Geld nach der Karriere einmal gut leben können.
Die Prämien
Sollte ein Österreicher wider Erwarten Gold erobern, erhält er vom ÖOC Münzen im Wert vom 27.000 Euro. Silber = 21.000, Bronze = 18.000. Die Kehrseite der Medaille: Sechs bis acht Stunden Training täglich sind in Elementarsportarten Voraussetzung, um überhaupt in die Nähe internationaler Normen zu kommen. Ja, es ist schon ein Riesenerfolg, dass sich mit Fabian Leimlehner, der am Sonntag nach London fliegt, erstmals nach 52 Jahren ein österreichischer Turner qualifizieren konnte.
Sein Training wurde zum Teil aus dem IOC-Solidaritätsprogramm (also vom Ausland) finanziert. Ohne Talent und viel Selbstüberwindung hätten es trotz ein bissel Geld-Doping auch die meisten der 69 anderen London-Fahrer nicht geschafft.
Natürlich drängt sich die Frage auf, ob hinter der limitierten rot-weiß-roten Konkurrenzfähigkeit und der Olympia-Absenz in allen Teamsportarten eine Systemschwäche steckt. Natürlich drückt auch das Fehlen der täglichen Turnstunde aufs Niveau.
Die Warnung
Die Schere zwischen denen, die extrem viel Sport betreiben und denen, die gar nichts tun, wird immer größer. Norbert Bachl, Präsident der europäischen Sportmedizin, äußert sich in einem Interview für den Olympia-KURIER besorgt. So viele österreichische Jugendliche wie noch nie sind übergewichtig. Der Trend zur Fettleibigkeit wird den Staat mehr Geld kosten als jeder Olympia-Ausflug.
PS: Der gut genährte, braun gebrannte Mittfünfziger, der sich beschwert, dass Österreich "lauter Wappler um mei Steuergeld" nach London schickt, ist in Pension.