Die Schildbürgerstreiche von Hütteldorf
Von Wolfgang Winheim
Wie Sturheit und Fehlplanung in der selbst ernannten Sportstadt Wien über den Sport dominieren.
die Tatsache, dass Wien keine Sportstadt ist.
Ende gut, nicht alles gut. Der SK Rapid bleibt der Verein der Widersprüche: 29.000 Fans und endlich ein Europa-League-Sieg im von ihnen gar nicht geliebten Happel-Stadion, aber Vorbehalte mehr denn je dort, wo Rapid zu Hause ist. In Wien-Hütteldorf.
Offensichtlich herrscht in der Heimat von Österreichs populärstem Klub das Motto: Rapid ja, aber lieber aus sicherer, konfliktfreier Entfernung. Sowohl gegen einen Neubau als auch gegen einen Ausbau des dramatisch renovierungsbedürftigen Hanappi-Stadions protestieren die Anrainer. Ihre Aversion dominiert die Titelseiten Penzinger Bezirksblätter. Viel voreiliger Lärm um zu wenig Geld. Für ein neues oder größeres Stadion werden die Grün-Weißen kein grünes Licht bekommen.
Nach dem letzten Liga-Heimspiel 2012 am Sonntag gegen Wacker Innsbruck können die Bewohner in Hütteldorf und Umgebung ohnehin durchatmen. Dann werden sie zehn Wochen lang (bis zum Derby gegen Austria am 16. Februar) verschont bleiben von lärmenden Hardcore-Fans, die Hauswände zuweilen mit öffentlichen Pissoirs verwechseln.
Und dann steht auch die Tiefgarage rund um die Uhr leer. So wie so oft seit zehn Jahren. Denn: Die um 13 Millionen Steuer-Euros im Jahr 2002 fertiggestellte, 407 Parkplätze umfassende Anlage darf nur an Matchtagen, also alle zwei Wochen ein Mal, benützt werden. Wegen dieser aus politischem Hickhack entstandenen Schildbürger-Vorschrift sind der Stadt inzwischen rund fünf Millionen Euro an Parkeinnahmen entgangen. Mit dem Sümmchen plus jenem Geld, das beim Pfusch im dauerdefekten Stadthallenbad versenkt wurde, hätte längst schon im Westen was Neues für den Sport entstehen können.
So aber wird den Rapidlern irgendwann das Dach in Hütteldorf auf den Kopf fallen, sofern sie nicht rechtzeitig und endgültig ins für den Liga-Alltag zu große Ernst-Happel-Stadion übersiedeln. Auch das wird den hohen internationalen Ansprüchen kaum noch gerecht. Ein Champions-League-Finale wird das denkmalgeschützte Prater-Oval nie mehr erleben. Und die Spekulationen, wonach Österreich 2020, wenn die UEFA die EM-Endrunde erstmals auf mehrere Länder verteilt, nach zwölf Jahren ein zweites Mal EM-Schauplatz sein wird, sind erst recht unrealistisch.
Einerseits ist zu akzeptieren, dass in Zeiten wie diesen, in denen es nicht genug Plätze in Kindergärten und Altersheimen gibt, andere Problemlösungen Priorität haben. Andererseits sollen die Entscheidungsträger endlich zugeben, dass Wien ebenso wenig Sportstadt wie Rapid Weltklasse sein kann.